Das Bundesverfassungsgericht stärkt die politische Debatten und rügt die Geheimniskrämerei der Bundesregierung. Eigentlich eine Schande, dass es für diese Selbstverständlichkeit ein Urteil braucht, kommentiert Politik-Redakteur Christian Gottschalk.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Karlsruhe - Mit der Verschwiegenheit ist das so eine Sache. Wenn sich in diesen Tagen die Vertreter der potenziell neuen Regierungsparteien hinter den Balkontüren treffen, dann sollen die künftigen Regierungspläne eigentlich erst einmal dort im Raum bleiben. Tatsächlich wird quasi live herausgezwitschert, wer gerade was sagt. Manch eine Schwatzbase will so politischen Druck aufbauen. Wenn die Regierung erst einmal regiert, dann ist der Redefluss hingegen oft ziemlich eingeschränkt, zumindest gegenüber der Opposition. Eine allzu große Zurückhaltung dieser Art hat das Verfassungsgericht nun für unzulässig erklärt, für die Bundesregierung ist das ein klarer Rüffel.

 

Denn was für die Balkonflüsterer gilt, das gilt erst recht für eine funktionierende Demokratie. Politischer Druck lässt sich nur dann aufbauen, wenn man weiß, über was gesprochen wird. Die Regierung ist dem Parlament gegenüber verantwortlich, und darf sich nicht davonstehlen, von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen. Argumente und Gegenargumente gehören auf den Tisch, und dem Staat ist es nicht gestattet, sich durch eine Flucht ins Privatrecht davon zu befreien. Eigentlich ist es eine Schande, dass es ein Gerichtsurteil braucht, um so etwas festzustellen. Eine neue Regierung hat nun hoffentlich bald die Möglichkeit, vieles besser zu machen.