Hundert Soldaten der Bundeswehr sollen nach dem Willen der Bundesregierung in Erbil kurdische Kämpfer schulen. Aber es gibt verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Einsatz.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Die Bundesregierung will hundert bewaffnete Bundeswehrsoldaten zur Ausbildung kurdischer Peschmerga-Kämpfer ins nordirakische Erbil schicken. Wie mit den bereits erfolgten Waffenlieferungen will Berlin damit die kurdischen und irakischen Sicherheitskräfte im Kampf gegen die Terrororganisation IS unterstützen. Das Kabinett hat beschlossen, für den Ausbildungseinsatz ein Mandat des Bundestags einzuholen.

 

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) betonte, dass es sich dabei nicht um einen Kampfeinsatz handelt. „Es geht auch darum, den Islamischen Staat zu stoppen“, erklärte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Nach ihren Worten werden die kurdischen Milizionäre neben einer Grundausbildung auch sanitätsdienstliche Unterweisungen und Unterricht im Umgang mit Sprengfallen und Taktik erhalten. Die Verantwortung für die Sicherheit der deutschen Ausbildungstruppen soll laut Regierung in den Händen der Peschmerga liegen. Waffen führe die Bundeswehr nur „zum unmittelbaren Eigenschutz mit“, so das Verteidigungsministerium.

Es gibt kein UN-Mandat für den Einsatz

Dem Vernehmen nach werden für die Ausbildung von Milizionären in Erbil Deutschland, Norwegen, Niederlande und Italien Soldaten entsenden. Wie die Zusammenarbeit der Partner genau aussehen wird, sei derzeit noch offen. Es scheint allerdings festzustehen, dass man bei der Ausbildung der Peschmerga arbeitsteilig vorgehen will: Dem Vernehmen nach soll sich die Bundeswehr auf Unterricht innerhalb des Ausbildungszentrums beschränken. Ausbildungselemente außerhalb der Stadt Erbil sollen nach Informationen der StZ den Partnern überlassen bleiben.

Die Mission ist verfassungsrechtlich umstritten, weil es dafür kein UN-Mandat gibt und sie auch nicht von der Nato durchgeführt wird. Das Grundgesetz erlaubt bewaffnete Einsätze der Bundeswehr im Ausland ausdrücklich einem „System gegenseitiger kollektiver Sicherheit“. Die bisherigen Einsätze der Truppe fanden stets entweder mit UN-Mandat, unter dem Dach der Nato oder mit beidem statt. Da beides im Falle der Irak-Mission formell nicht gegeben ist, betritt die Regierung verfassungsrechtliches Neuland.

Gysi ist von den juristischen Argumenten nicht überzeugt

Der Kampf gegen den IS wird von einer losen Allianz von ungefähr sechzig Staaten mit den USA an der Spitze geführt. Die Bundesregierung geht davon aus, dass auch diese Allianz als System kollektiver Sicherheit gewertet werden kann. Sie stützt ihre juristische Argumentation darauf, dass es zwar kein förmliches UN-Mandat für einen Truppeneinsatz gibt, wohl aber eine Resolution des Weltsicherheitsrats, die den IS als Bedrohung des Friedens einstufe. Der Vorsitz des UN-Sicherheitsrats habe zudem die Nationen zum Handeln aufgefordert. So erklärte die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen zuletzt in einem Interview ihr Verfassungsverständnis.

Linksfraktionschef Gregor Gysi überzeugt diese Argumentation nicht. Seine Fraktion behält sich eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht vor. „Die Bundesregierung kann sich weder auf einen Beschluss der UN berufen, noch nicht einmal auf einen Beschluss der Nato, sie kann sich nicht auf ein Sicherheitssystem berufen, auf gar nichts“, sagte Gysi. Die grüne Verteidigungsexpertin Agnieszka Brugger nannte die Konstruktion „verfassungsrechtlich höchst zweifelhaft“.