Das Verhältnis von Ursula von der Leyen (CDU) und Frank-Walter Steinmeier (SPD) ist getrübt. Die Verteidigungsministerin soll den Außenminister lediglich am Rande über ihre neuesten Pläne für die Ukraine und den Nordirak eingebunden haben.
Berlin - Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat mit ihren Plänen für eine Ausbildungsmission im Nordirak und für den Einsatz von Fallschirmjägern in der Ostukraine die SPD gegen sich aufgebracht. „Eine Vorfestlegung scheint angesichts der unklaren und brisanten politischen Lage unklug und voreilig, zumal auch der zuständige Ausschuss bisher nicht befasst wurde“, kritisierte der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Niels Annen. „Für die deutsche Außenpolitik wäre es fatal, wenn die bisherige erfolgreiche und eng zwischen Auswärtigem Amt und Kanzleramt abgestimmte Politik durch Ressortegoismen beschädigt würde.“
Von der Leyen hatte am Freitagabend die Obleute des Verteidigungsausschusses eilig zu einer Telefonschaltung einbestellt und damit den Eindruck höchster Dringlichkeit erweckt. In dem Gespräch stellte sie dann ihre Planungen für die neuen Einsätze vor. In der SPD-Fraktionsspitze hieß es, für das Vorpreschen habe es keine sachliche Begründung gegeben. Von der Leyens „Alarmismus“ habe „einzig und allein das Ziel, auch in dieser Frage die Meinungsführerschaft zu übernehmen“, hieß es in der SPD. Es sei außerdem ein Novum, dass über neue Einsatzplanungen nur die Verteidigungspolitiker informiert wurden, nicht aber die Außenpolitiker der Fraktionen.
Nicht einmal Außenminister Frank-Walter Steinmeier soll ausreichend eingebunden gewesen sein. Dem Vernehmen nach hatte von der Leyen gegenüber Steinmeier ihre Pläne lediglich am Rande der Kabinettssitzung vorige Woche kurz angesprochen. Steinmeier soll sehr verärgert sein.
Kühle Reaktion des Auswärtigen Amtes
Entsprechend kühl fiel die Reaktion des Auswärtigen Amtes aus. Die Bundesregierung führe zwar mit der französischen Regierung Gespräche darüber, wie die OSZE in der Ukraine unterstützt werden könnte. Es handle sich derzeit aber „nur um Sondierungsgespräche“, sagte ein Sprecher. „Es ist nichts entschieden.“ Vor Entscheidungen seien „schwierige rechtliche und politische Fragen zu klären“.
Vor allem die Pläne, bewaffnete Fallschirmjäger in die Ostukraine zu entsenden, empört die SPD. 200 Soldaten sollen entsandt werden. 150 könnten das Gebiet mit Drohnen überwachen, weitere 50 seien für den Schutz der Mission vorgesehen. Diese „bewaffnete Komponente“ ist für die SPD „völlig inakzeptabel“ und verfassungsrechtlich fragwürdig, heißt es in der Fraktion.
In der SPD wird gemutmaßt, dass die Ministerin mit ihrer erneuten Offensive Berichte über Missstände bei der Ausrüstung und der Rüstungsbeschaffung übertönen will. Heute wird ihr eine Studie überreicht, die dem Beschaffungswesen ein miserables Zeugnis ausstellt. In diesem Zusammenhang könnte auch ein Milliardenprojekt zur Sprache kommen, dass schon abgeschrieben schien: die Aufklärungsdrohne Euro-Hawk. Von der Leyens Vorgänger Thomas de Maizière (CDU) hatte im Mai 2013 „die Reißleine gezogen“, weil die Kosten aus dem Ruder liefen. Ein Untersuchungsausschuss war die Folge.
Euro-Hawk ist wieder im Gespräch
Jetzt kommen die Experten des Ministeriums nach Prüfung sämtlicher Alternativen offenbar zu dem Schluss, dass nur die Euro-Hawk-Drohne die Möglichkeit eröffne, ein neu entwickeltes Aufklärungssystem in großer Höhe von bis zu 20 Kilometern und über lange Zeit zumindest testen zu können. Als Trägersystem könnte dann mit der Triton-Drohne ein Nachfolgemodell des US-amerikanischen Global Hawk in Frage kommen. Der Global Hawk diente als Ausgangsmodell für die gestoppte Entwicklung des Euro-Hawk. Das in Deutschland von EADS entwickelte Aufklärungssystem ISIS, das in die Drohnen eingebaut wird, soll Kommunikationssignale des Gegners aufspüren und entschlüsseln.
Die SPD signalisierte der Ministerin Zustimmung, sollte sie tatsächlich wieder auf den Euro-Hawk zu Testzwecken zurückgreifen. Der verteidigungspolitische Sprecher der Fraktion, Rainer Arnold, sagte der StZ: „Ich halte das für die einzig sinnvolle Entscheidung, wenn man die signalerfassende Aufklärung als politisches Instrument haben will.“