Sie verschenkten den Koran und sorgten für Aufsehen. Jetzt gehen die Ermittler auf breiter Front gegen Salafisten vor. Vielerorts in Deutschland gab es Razzien. Im Visier ist auch der Kölner Prediger Nagie.

Berlin - Mit groß angelegten Razzien sind Polizei und Justiz gegen radikale Salafisten in Deutschland vorgegangen. Polizisten durchsuchten am Donnerstag insgesamt 70 Objekte in sieben Bundesländern. Schwerpunkte der Aktion lagen in Hessen und Nordrhein-Westfalen. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) verbot außerdem die salafistische Vereinigung Millatu Ibrahim im nordrhein-westfälischen Solingen, weil sie sich gegen die Gedanken der verfassungsrechtlichen Ordnung und der Völkerverständigung richte.

 

Am frühen Nachmittag wollte Friedrich eine erste Bilanz der Aktion ziehen. Radikale Salafisten stehen im Verdacht, mit ihrer Propaganda gewaltbereite Islamisten anzustacheln oder selbst Verbindungen zu Terrornetzwerken zu pflegen.

„Gottgewollte“ Ordnung

Ermittlungsverfahren wurden gegen zwei Organisationen in Hessen eingeleitet. Dabei handelt es sich laut Friedrich um das Netzwerk „Die wahre Religion“ und die Gruppe Dawa FFM in Frankfurt am Main. „Die wahre Religion“ ist die Organisation um den Kölner Prediger Ibrahim Abou Nagie, der mit der kostenlosen Verteilung von Koran-Exemplaren in mehreren Städten für Aufsehen gesorgt hatte.

In Solingen rückte die Polizei am frühen Morgen in die Millatu-Ibrahim-Moschee in der Innenstadt ein. „Die Durchsuchungen richten sich gegen salafistische Strukturen“, sagte Polizeisprecherin Anja Meis. Die in einem verwinkelten Hinterhofgelände gelegene Moschee war bereits in den vergangenen Monaten mehrfach Ziel von Polizeimaßnahmen.

In Niedersachsen wurden Objekte in Braunschweig und Wolfsburg durchsucht. In Niedersachsen befindet sich mit der Islamschule Braunschweig nach Angaben des Innenministeriums ein Zentrum des salafistischen Bildungs- und Gelehrtennetzwerks.

„Salafisten verfolgen das Ziel, den demokratischen Rechtsstaat zu Gunsten einer Ordnung, die nach ihren Maßstäben „gottgewollt“ ist, zu überwinden. Sie sehen in der Scharia das einzig legitime Gesetz“, erläuterte der Bundesinnenminister. Dies sei „schlechthin unvereinbar“ mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. „Ein solches Islamverständnis hat in Deutschland keinen Platz.“

Den Druck erhöhen

Der Düsseldorfer Innenminister Ralf Jäger (SPD) wertete die Razzien als „wichtigen Beleg für ein entschlossenes Vorgehen der Sicherheitsbehörden im gemeinsamen Kampf gegen gefährliche Extremisten“. Jäger erklärte: „Der heutige Einsatz zeigt: Wir erhöhen konsequent den Druck auf die Salafisten und gehen entschieden gegen ihre demokratiefeindliche Agitation vor.“ Man habe es „mit einer neuen Dimension der Gewalt“ durch Salafisten zu tun. „Es ist wichtig, dass wir allen Verfassungsfeinden signalisieren: Bis hierher und nicht weiter.“

Friedrich bestätigte, dass es Aktionen gegen Salafisten in sieben Bundesländern gab: Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Berlin. Nach Angaben der Sicherheitsbehörden gibt es in Deutschland derzeit rund 130 Gefährder, denen islamistische Anschläge zugetraut werden. Darunter seien 24 Salafisten.