Das Landesverkehrsministerium und die Stadt Waiblingen lassen mit neuartigen Glasperlen die verbesserte Sichtbarkeit an Fußgängerüberwegen testen. Wie halten die Perlen den täglich Hunderten von Bussen stand?

Sollte einem Kinogänger mit einem Faible für nostalgische Filme an einem der vergangenen Abende vor dem Waiblinger Traumpalast ein besonderer Ohrwurm in den Gehörgang gelangt sein, so wäre das womöglich gar kein Zufall. Beispielsweise hätte er „Diamonds are the Girls best Friends“ summen können, auch wenn er zuvor nicht „Blondinen bevorzugt“ geschaut und keineswegs Marilyn Monroe, sondern die Gattin an seiner Seite gesessen hätte.

 

Die Assoziation ist keineswegs absurd. Denn der Zebrastreifen in der oberen Bahnhofstraße ist mittlerweile mit Perlen ausgestattet. Nun sind es freilich nicht Rübezahls „Gold und Edelsteine“, die man noch aus der Kindheit im Ludwigsburger Märchengarten kennt. Vielmehr sind es Glasperlen, die seit wenigen Tagen den gestalteten Fußgängerüberweg an der Oppenländer Straße zieren.

Großer Bahnhof an der Bahnhofstraße

Um Schmuck und Geschmeide in aller Öffentlichkeit geht es dabei ebenfalls nicht, sondern um Langlebigkeit und Sicherheit. Mitarbeiter der Firma Swarco haben den Zebrastreifen bereits am verkehrsarmen Wochenende neu aufgebracht und mit dem Glasperlengemisch versehen. Anderntags findet nun der offizielle Termin statt – mit großem Bahnhof am Rande der Bahnhofstraße: Die Staatssekretärin aus dem Landesverkehrsministerium, Elke Zimmer, ist mit einigen Mitarbeitern gekommen, Waiblingens Oberbürgermeister Sebastian Wolf mit Verkehrsfachleuten aus dem Rathaus, dazu mit Siegfried Lorek (CDU) und Jochen Haußmann (FDP) zwei Landtagsabgeordnete und schließlich drei Vertreter von Swarco.

Besichtigungen von Zebrastreifen sonst eher selten

Der OB begrüßt die Gäste zu diesem „außergewöhnlichen Termin“, denn die gemeinsame Besichtigung eines neuen Zebrastreifens „findet ja auch in unserer Stadt selten statt“. Er freue sich natürlich über „die gute Kooperation“ zwischen Ministerium, dem Hersteller und der Stadt Waiblingen, und die Innovation „dürfen Sie gerne bei uns ausprobieren“.

Die Staatssekretärin erläutert sodann die Hintergründe zu diesem „Testlauf“: Denn Fahrbahnmarkierungen mit hochreflektierenden neuartigen Glasperlen sollen im Idealfall länger halten und widerstandsfähiger sein. Und, zweiter Vorteil: gleichzeitig sorgten sie für eine bessere Sichtbarkeit im Dunkeln.

Einen ersten Test hat diese Art der Markierung bereits hinter sich gebracht: Mehr als vier Jahre war sie auf der B 10 zwischen Esslingen und Plochingen dem Auto- und Schwerlastverkehr ausgesetzt. Es habe sich gezeigt, so die Analyse des Ministeriums, „dass der Einsatz von Glasperlen eine wirtschaftliche Lösung auf einer Bundesstraße darstellen kann“. Durch ihre Langlebigkeit könnten zeitaufwendige Sperrungen zur Erneuerung der Fahrbahnmarkierung länger hinausgezögert werden.

Doch was auf einer Bundesstraße passt, muss unter innerstädtischen Bedingungen nicht zwingend ebenso funktionieren. Zimmer: „Da Fußgängerüberwege durch die Reifen des Kraftfahrzeugverkehrs permanent überrollt werden, werden die Glasperlen hier stärker beansprucht als auf einer Bundesstraße.“ Deshalb wird nun beim Waiblinger Testlauf der neue Fußgängerüberweg nahe des Traumpalast-Kinos in den nächsten Monaten dem Stabilitätstest unterzogen.

Fast 600 Busse jeden Werktag

Die Waiblinger Verkehrsstatistik weist auf der Bahnhofstraße einen Schwerlastanteil von 18 Prozent aus. Wie zum Beweis zuckelt gerade ein Riesenbrummi an der Delegation vorbei, danach folgen im Sekundenabstand zwei Linienbusse in Richtung Alter Postplatz. In der Summe sind es ausweislich des Aushangs an den beiden Bushaltestellen in der Nähe fast 600 Busse, die werktags in beide Richtungen unterwegs sind und somit auch über den Zebrastreifen fahren.

„Wie einst die Beatles“: Politiker-Quartett marschiert über den Waiblinger Zebrastreifen. Foto: Julian Rettig

Ein echter Härtetest „für die Robustheit der Perlen“ also, wie es André Peiter umschreibt. Er ist Vertriebsleiter bei Swarco und mit seinem kleinen Trupp für die Umgestaltung des Überwegs für einige Tage von Diez an der Lahn in Rheinland-Pfalz ins Remstal gekommen.

Den besonderen Sichteffekt entfaltet der neue Zebrastreifen natürlich nicht im nachmittäglichen Sonnenschein, sondern ab dem Abend. „Die im Markierungsmaterial eingebetteten Mikroglaskugeln reflektieren das Scheinwerferlicht und bewirken dadurch ein ,Aufleuchten’ der Straßenmarkierung“, heißt es in den Erläuterungen der Firma Swarco Limburger Lackfabrik. „Besonders bei Dunkelheit und bei nasser Fahrbahn erhöht sich damit die Verkehrssicherheit.“ Ein sinnvoller Effekt gerade für die nachts aus dem Waiblinger Traumpalast zum Zebrastreifen strömen Besucher.

Bundesweites Pilotprojekt

Nach Peiters Einschätzung handelt es sich bei dem Waiblinger Versuch gar um ein bundesweit einmaliges Pilotprojekt. Und das Besondere: Weil sich die Firma Erkenntnisse für ihre weitere Entwicklung erhofft, bleibt das Ganze für Stadt und Land kostenfrei.

„Swarovski-Perlen für Waiblingen“ – das stimmt, da der Unternehmensgründer Manfred Swarovski der berühmten Dynastie in Tirol entstammt, wie Peiter erläutert. Diese Erklärung gefällt insbesondere dem OB prächtig. Die lockere Stimmung findet dann mit einem gemeinsamen Schlendergang seinen abschließenden Höhepunkt: Ein Quartett, das über den Zebrastreifen marschiert – „wie die Beatles“, sagt die Staatssekretärin, an das Cover von „Abbey Road“ erinnernd. Nur barfuß, wie einst 1969 Paul McCartney, war aktuell in Waiblingen keiner unterwegs.