Der Luftangriff in der Nacht vom 15. auf den 16. März 1944 war der schwerste in Echterdingen während des Zweiten Weltkriegs. Eine Führung des Stadtmuseums am Samstag, 25. März, präsentiert die Schutzbunker, in die die Menschen sich bei dem Inferno flüchteten.

Echterdingen - Den Zweiten Weltkrieg hat Wolfgang Haug als kleines Kind erlebt. Der Vater war an der Front, seine Mutter flüchtete sich mit ihm und seinem kleinen Bruder bei Bombenangriffen in Schutzkeller. Am Samstag, 25. März, präsentiert der Leiter des Stadtmuseums bei zwei Führungen Bauten, die Schutz bieten sollten. „Heute wird die EU von Nationalisten in Frage gestellt “, sagt Haug. Mit der Führung wolle er an eine schreckliche Zeit erinnern, um den Wert der EU, die 72 Jahre Frieden beschert hat, zu betonen.

 

Bunker für den Vorgarten

Wolfgang Haug kennt seinen Geburtsort Echterdingen wie seine Westentasche. An der Hauptstraße, gegenüber dem Stadmuseum, damals eine Sparkasse, stand sein elterliches Haus. Die Bombennacht vom 15. März, in der 863 britische Langstreckenbomber Stuttgart bombardieren wollten, aber vor allem Echterdingen, Leinfelden, Musberg und Oberaichen trafen, gehört zu den furchtbaren Erinnerungen der Familie. „Erst kam eine Luftmine, ein Ding wie eine Litfaßsäule. Sie explodierte über dem Boden und blies buchstäblich Häuser weg. Dann kamen die Brandbomben und zuletzt die Sprengbomben“ erzählt er. Direkt am Stadtmuseum ist ein Exemplar des 1943 in Stuttgart zum Patent angemeldeten „Luftschutzbunker-Systems Stuttgart“. „Er ist der einzige heute noch begehbare dieser Art. Eine Bauersfrau ließ ihn für ihren Garten fertigen“, erzählt Haug. Nur der obere Teil, der aussieht wie ein Ziehbrunnen mit aufklappbarem Betondeckel, ist zu sehen, der Rest verbirgt sich im Erdreich. Auf einer Klappleiter aus der Kriegszeit geht es in den in etwa dreieinhalb Meter Tiefe gelegenen kreisrunden Innenraum, der sechs Erwachsenen oder einer Familie mit acht Kindern Platz bot.

Stollen unter der Obstbaumwiese

Im Gebiet Bunden zwischen Hauptstraße, Glücksgängle und Leinfelder Straße liegt unter einer Obstbaumwiese ein im Oktober 1944 fertiggestellter Luftschutzstollen, der nach dem Krieg mit Beton und Bauschutt aufgefüllt wurde. Er war etwa 150 Meter lang und hatte einen Eingang am Glücksgängle. Der Haupteingang lag direkt an der Leinfelder Straße. Eine lange Furche in der Wiese deutet an, wo sich der Stollen einst befunden hatte. „Man wusste damals nicht, wie sich alles gegen Kriegsende entwickeln würde. Weil fast alle Männer im Krieg waren, haben ihn vor allem Frauen unter Leitung einer Schaffnerin gebaut“, sagt Wolfgang Haug. Seinem Schulfreund Manfred Schäfer gehört die Obstbaumwiese. „Als ich 14 Jahre alt war, sollte ich hier mit dem Traktor und der Egge arbeiten“, erinnert er sich. Plötzlich begannen die Räder durchzudrehen, der Junge gab Gas und kam so mit dem Schrecken davon, denn hinter ihm klaffte ein etwa sechs Meter tiefes Loch. Der Stollen war eingebrochen.

Ein unauffälliger Kanaldeckel in der Obergasse führt zum nächsten Schauplatz. Der senkrechte Schacht führt etwa sechs Meter in die Tiefe. „Nicht nur die Menschen haben sich vor den Bomben in Sicherheit gebracht, sie haben auch ihre Sachen geschützt. Hier hatte August Limpächer seine Vorräte gelagert“, erzählt Wolfgang Haug. Wer sich durch die Deckelöffnung zwängt und auf einer Leiter hinuntersteigt, kann sich von der bombensicheren Vorratskammer ein Bild machen.

Auch in den Kellern des Gasthofs Hirsch kamen Schutzsuchende unter, darunter Haugs Mutter mit den Kindern. Hinter dem Gasthof liegt ein weitläufiger Schutzkeller. Darin, am tiefsten Punkt Echterdingens, wurden die Menschen beim Angriff verschüttet. Weil oben ein Heuschober abbrannte, wurden die Steine heiß. „Gottlob Alber kühlte sie unentwegt mit seiner Güllekelle mit Wasser, damit niemand erstickte“, erzählt Wolfgang Haug.

Führung im Bunker

Die beiden Führungen „Die längste Nacht unserer Stadtgeschichte“ beginnen am Samstag, 25. März, um 18 und um 20 Uhr. Treffpunkt ist das Stadtmuseum, Hauptstraße 79. Der Eintritt ist kostenfrei. Es wird aber um Spenden für die Replik der Kleinen braunen Himmelsmaschine von Philipp Matthäus Hahn gebeten, die ihren Platz im Stadtmuseum finden soll.