Cher zeigt sich in "Burlesque" wieder einmal wie frisch dem Jungbrunnen entstiegen: schlank, stolz, faltenfrei und sexy. Dass diese Glätte nun etwas ganz gar Unglaubwürdiges hat, dass Jugendlichkeit sich an sie schmiegt wie eine auf den Millimeter vermessene Hartschale, dass trotz aller Kunst der Chirurgie und Kosmetik die Kamera mit dem Weichzeichner arbeiten muss, dass der Film manchmal fast anhält, um Cher nicht zu zwingen, aus einem ideal ausgeleuchteten Zirkel herauszutreten und für einen Millimoment vielleicht etwas anderes als die Nektar-und-Ambrosia-Seite zu zeigen – all das ist kein Fehler, sondern Programm.

Aguilera repräsentiert Popkultur von heute


Chers Auftreten symbolisiert die selbstbewusste Nutzung aller sozialen und technischen Ressourcen durch jene modernen Altersverweigerer, die den Kraftakt ihrer Verjüngung offen ausstellen. Ja, sagt Chers Gehabe, ich kann mir Hilfe leisten, und sie schlägt an: Was also ist falsch an meiner künstlichen Jugendlichkeit, verglichen mit echtem Verfall?

Durch Chers Einnahme einer klaren Position fällt Aguilera die undankbare Aufgabe zu, in der gegenüber liegenden Ringecke die Popkultur von heute zu repräsentieren, eine, die das verlängerte Jungsein ihrer Anhänger eben nicht durch das Vitalbleiben der Protagonisten, sondern durch deren raschen Verschleiß bekräftigt. Britney Spears, Lindsay Lohan, Amy Winehouse sind Beispiele eines Kontrollverlusts über Persönlichkeit und Karriere, denen die Öffentlichkeit fast anfeuernd Aufmerksamkeit schenkt.

Aguileras Ali aber lässt sich eben nicht auf Mätzchen ein. Das ist der eine Trost dieses Films: Er legt nahe, die moderne Popkultur bringe würdige Erbinnen der Generation Cher hervor. Der andere Trost liegt gerade im trostlos Altbackenen, Klischierten und Lahmen des Drehbuchs. Selbst Popkulturrelikte aus der Generation von Chers Mutter können noch immer zu Ehren kommen, erklärt uns Hollywood. Und setzt darauf, dass wir sehr, sehr gutmütig alles glauben, was es uns erzählt.

Burlesque. USA 2010. Regie: Steve Antin. Mit Cher, Christina Aguilera, Stanley Tucci, Eric Dane, Kristen Bell, Alan Cumming. 118 Minuten. Ab sechs. Cinemaxx SI, Metropol, Ufa