Cher als Clubbesitzerin, Christina Aguilera als Sängerin: viel Divenpower für ein Musical auf der Kinoleinwand.

Stuttgart - Es gibt mal wieder zwei Meinungen. Man kann sie des lieben Überblicks wegen so zusammenfassen: "Netter Schnickschnack" und "übler Tinnef". Hollywoods neues Leinwandmusical "Burlesque" hat einigen Kritikern zwei unterhaltsame Stunden beschert, ist anderen aber heftig auf den Magen geschlagen.

In einem allerdings sind sich fast alle einig: Das Drehbuch dieses Vehikels für die Ultradiva Cher und die Sängerin Christina Aguilera ist eine einzige Enttäuschung. Erzählt wird ohne interessante Volten eine Geschichte, die schon in den dreißiger und vierziger Jahren fließbandartig immer wieder zu Billigmusicals verarbeitet wurde. Ein einfaches Mädchen mit großem Talent fasst sich ein Herz, legt die Kellnerinnenschürze ab und reist in eines der Lichterzentren des Showbusiness. Dort wird das arme Hascherl zunächst nicht für voll genommen, beißt sich dann durch zum Erfolg, wird fast Opfer falscher Verehrer, hört aber doch noch rechtzeitig auf die Stimme ihres Herzens.

"Burlesque", vom früheren Schauspieler Steve Antin, Jahrgang 1958, wagnisfrei inszeniert, folgt diesem Muster wie die Märklin-Bahn den Schienen. Christina Aguilera spielt die singende, tanzende Kellnerin Ali aus der Provinz. Cher gibt die Clubbesitzerin Tess, die ihr kleines Reich als fürsorglich dominante Gottkönigin regiert, finanziell aber am Ende ist. Die Gesangsnummern sind gut, die Choreografien ordentlich, und Stanley Tucci als schwuler Bühnenmeister beweist mal wieder Eleganz, Ironie und Strahlkraft. Aber das wirklich Unterhaltsame an "Burlesque" ist der Kampf der Generationen.

Wie aus dem Jungbrunnen entstiegen


Cher alias Cherilyn Sarkisian, Jahrgang 1946, ist ein Gewächs der Poprevolte. 1965 hatte sie ihren ersten Hit, "I got you, Babe". Als sie mit ihrem damaligen Partner Sonny Bono 1970 ihre Fernsehshowkarriere antrat, durfte man sie zu den großen Gewinnern der Blumenkindjahre zählen. Statt des trotzigen Imperativs "die young – stirb jung" der Rebellen formulierten Cher und andere nun das Versprechen "forever young".

Sie boten dem gutbürgerlichen Amerika die Selbstverjüngung durch innige Umarmung der harmlosesten Vögel im Wir-sind-ganz-anders-Schwarm. Dieses Für-immer-jung-Angebot ist für Cher dann zur persönlichen Herausforderung geworden. Mit vielen Schönheitsoperationen hat sie durch die Jahrzehnte den verqueren Idealemix einer neuen Anspruchsgeneration vorgelebt: jung und schön zu sterben, aber bitte erst in biblischem Alter.