Nilüfer Keskin war mal Kosmetikerin – und ist seit zwölf Jahren begeisterte Busfahrerin in Schorndorf. Nun wurde sie vom VVS als „Busfahrerin des Jahres“ ausgezeichnet.

Schorndorf - Für den Pressetermin muss Nilüfer Keskin ihren tonnenschweren Bus mal eben fotogen vor dem alten Rathaus am Schorndorfer Marktplatz abstellen. Im Rückwärtsgang am Blumenkübel vorbei, mit dem Blick auf die vorbeilaufende Mutter samt Kleinkind, ohne langes Manövrieren: „Sie kann richtig gut fahren, das ist perfekt“, sagt Ralf Steinmetz, Geschäftsführer des Busunternehmens Fischle und damit ihr Chef.

 

Fahrgäste haben Nilüfer Keskin für Auszeichnung vorgeschlagen

Sichtlich stolz ist er, dass Nilüfer Keskin an diesem Morgen vom VVS als „Busfahrerin des Jahres“ im Rems-Murr-Kreis ausgezeichnet wird. Allerdings bekommt die Schorndorferin den Preis eigentlich nicht für ihre Fahrkünste. Sondern vor allem dafür, wie sie mit ihren Gästen an Bord umgeht. Denn beim Wettbewerb „Busfahrer des Jahres“ sind die Fahrgäste aufgerufen, Vorschläge für diese Auszeichnung zu machen und diese mit Geschichten oder Erlebnissen zu begründen. Normalerweise findet dann eine richtige Wahl statt, doch wegen der Pandemie hat dieses Mal eine Jury den „Busfahrer des Jahres“ ausgewählt – in jedem der fünf VVS-Landkreise wird ein Fahrer oder eine Fahrerin dazu ernannt.

Und was schätzen die Fahrgäste an Nilüfer Keskin? Sie helfe immer beim Einsteigen mit dem Kinderwagen, sie habe eine sympathische und hilfsbereite Art, sie steuere den Bus so ruhig und sicher durch die Straßen, dass man sich immer gut aufgehoben fühle – diese und weitere Rückmeldungen sind beim VVS eingegangen.

Warum es Stammgäste im Linienbus gibt

Nilüfer Keskin freut sich über das Lob – sind doch die Fahrgäste das, was sie an ihrem Beruf am schönsten findet. Sie zum Lächeln zu bringen, das ist ihr fast genauso wichtig, wie pünktlich an der nächsten Haltestelle zu sein. „Man hat während Corona schon bei den Kindern, aber auch bei den Senioren gemerkt, dass das Lachen weg war“, erzählt Nilüfer Keskin. Viele seien mittlerweile Stammgäste: „Es gibt Ältere, die fahren vor allem wegen der Unterhaltung mit dem Bus“, erzählt die 41-Jährige, der es wichtig ist, ein offenes Ohr zu haben. Manchmal bekommt sie im Nachhinein sogar eine Kleinigkeit geschenkt: „Einfach so, als Dankeschön.“

Seit zwölf Jahren steuert sie den Linienbus durch die Schorndorfer Straßen: „Ich möchte das nirgendwo anders machen“, erzählt sie. Auch wenn die Daimlerstadt mit ihren engen Straßen und den Kreisverkehren eine Herausforderung sei. Ihre Lieblingsstrecke? „Die 246 Erlensiedlung. Die Linie mag eigentlich sonst niemand“, sagt sie und lacht. „Da hat es halt oft Stau ohne Ende. Aber ich mag den Druck.“ Ruhig zu bleiben, die Gefahren im dichten Straßenverkehr rechtzeitig zu erkennen, pünktlich zu sein – das fordert die Mutter einer siebenjährigen Tochter heraus.

Lesen Sie aus unserem Plus-Angebot: Der VVS ächzt unter Corona

Früher einmal hat Nilüfer Keskin als Kosmetikerin gearbeitet. „Aber das war nichts für mich.“ Und weil sie immer gerne Auto gefahren ist, hat ihr eine Freundin vorgeschlagen, doch den Bus-Führerschein zu machen. Sie hat den Schritt nie bereut: „Ich bin viel freier.“ Als Frau gehört sie immer noch einer Minderheit unter den Kollegen an. „Das unterscheidet sich von Unternehmen zu Unternehmen, aber im Durchschnitt sind zehn Prozent Frauen. Wir sind immer froh, wenn unter den Bewerber Frauen sind“, sagt Horst Stammler, der VVS-Geschäftsführer.

Woran das liegen könnte? „Vielleicht ist es die Angst vor dem großen Bus“, sagt Nilüfer Keskin, die damit keine Probleme hat. Und der auch keine ungute Situation mit Fahrgästen einfällt. „Wenn man freundlich bleibt, entschuldigt sich der eine oder andere auch für sein Verhalten.“