In unserer Serie „Mein 2017“ sprechen wir mit Menschen, die im vergangenen Jahr etwas Außergewöhnliches erlebt haben. Wir fragen nach, wie es ihnen geht, was sich inzwischen verändert hat und blicken auch ein wenig in die Zukunft. Heute: Thorsten Häberlein. der für die Verlängerung der Buslinie 65 gekämpft hat – und noch kämpft.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Filder - Thorsten Häberlein und der 65er-Bus sind ein Team. Besonders nach diesem Jahr. Der Plieninger würde das selbst nicht so ausdrücken, aber er ist so etwas wie das Gesicht des Projekts. Genauer gesagt: das Gesicht der Verlängerung der Linie 65 von Plieningen zum Flughafen.

 

Im Bürgerhaushalt hat es diese jahrelange Forderung der Plieninger, Birkacher, Sillenbucher und Neckartäler auf Platz drei geschafft. Auch deshalb dürfte der Gemeinderat Mitte Dezember 3,2 Millionen Euro für die baulichen Voraussetzungen einer solchen Verlängerung bewilligt haben.

Dass ein uralter, zigmal abgeschmetterter Wunsch plötzlich doch noch Wirklichkeit werden soll, hat auch mit Thorsten Häberlein zu tun. Es dürfte keinen Menschen außerhalb der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) geben, der sich derart detailliert mit der Linie auseinandergesetzt hat wie Thorsten Häberlein aus dem Steckfeld. Er wohnt nur ein paar Schritte von der Bushaltestelle entfernt. Doch das ist nicht der Grund, weshalb der 44-jährige Jurist im Jahr 2017 Urlaubstage geopfert hat, um die Werbetrommel für die Busverlängerung zu rühren. Die Linie ist ihm ans Herz gewachsen.

Plieningen gehört ordentlich an den Flughafen angebunden

Mit dem 65er fährt er zu seinen Patenkindern in Sillenbuch. Er findet die Linie schön, vom Neckartal durch Heumaden und Sillenbuch, durch Birkach nach Plieningen. Viel Schönes läge an der Route, sagt Thorsten Häberlein verzückt. Sei es der alte Ortskern von Heumaden, der Eichenhain oder die Uni Hohenheim. Würde der Bus auch noch zum Flughafen fahren, wäre die Linie perfekt. Der Flughafen ist für ihn „das Auge zur Welt“. Und da gehört Plieningen, das nur einen Steinwurf vom Drehkreuz entfernt liegt, ordentlich angebunden. Besser gestern als morgen.

Thorsten Häberlein will aber nicht nur, sondern er hat auch selbst Belege dafür gesammelt, dass seine Argumente schlüssig sind. Bereits 2016 hat er eine private, 23-seitige Studie erstellt. Laut der Recherche gab es am Flughafen an einem Tag zwischen 0 Uhr und 23.50 Uhr 455 Anschlüsse, sei es mit dem Fernbus, der S-Bahn, mit dem Flieger oder mit sonst etwas.

Er gibt für sein Hobby auch Geld aus

Die Studie war aufwendig. Und auch das erste Halbjahr 2017 war bei Thorsten Häberlein vom 65er geprägt. Die gute Platzierung im Bürgerhaushalt kommt nicht von ungefähr, dafür mussten etliche Unterschriften aufs Papier. „Von Juni an konnte ich dann nicht mehr so viel für die Buslinie machen “, sagt Häberlein. Der Jurist war beruflich eingespannt. Aber er muss jetzt wieder Gas geben. Denn selbst wenn die Zeichen auf Erfolg stehen, ist dies für Häberlein kein Grund, die Füße still zu halten. Mit Hilfe von ein paar Schönbergern, die er durch sein Engagement kennengelernt hatte, hat er eine Homepage für den 65er kreieren lassen. Er zieht ein Visitenkärtchen hervor – für den 65er-Bus und dessen Internetpräsenz. Häberlein zieht alle Register. Der Bus ist sein Hobby, sagt er. Und dafür gibt er auch schon mal Geld aus. Zum Beispiel für einen Studenten, der ihm bei der Studie half, für die Visitenkärtchen oder für die Homepage. Häberlein nimmt das aus der Portokasse. „Andere spielen Golf“, sagt er. „Hobbys kosten halt Geld.“

Unterwegs immer im Analyse-Modus

Er hat natürlich kein Auto. Seit 2010 habe er nicht mehr hinter dem Steuer gesessen, sagt er. Mal unabhängig davon, dass er es sich ohne Nachschulung gar nicht mehr zutraut: „Ich würde es als Last empfinden.“ Viel lieber lässt er sich kutschieren– in Bus und Bahn. Das ist für ihn eine besondere Zeit. Lesen ist nicht, denn es gibt viel zu viel zu gucken. Würde sich hier vielleicht ein Wagen mehr lohnen? Wie viele Menschen nutzen die Bahn um diese und diese Uhrzeit? Wenn Thorsten Häberlein unterwegs ist, ist er im Analyse-Modus getaktet. „Ich kann das einfach nicht lassen“, sagt er. Und ihm fällt dabei einiges auf, was eine tiefere Recherche verdient hätte. „Aber ich kann mich ja nicht um jeden Bus kümmern.“

Nun bringt er zunächst einmal das mit dem 65er zu Ende. „Der Kampf wird weitergehen“, sagt Häberlein. Die Stadt Stuttgart will die Buslinie laut Mitteilung bis 2020 verlängern. Das ist dem Plieninger zu spät. „Ich will das früher, es ist hochgradig an der Zeit“, sagt er. Und dann ist alles gut? Nein, dann kommt sicherlich das nächste Projekt dran.