Die Schorndorfer Künstlerin Renate Busse feiert kommendes Jahr ihren 75. Geburtstag. Das Kulturforum und der Kunstverein der Stadt widmen ihr jetzt eine große Retrospektive in den Galerien für Kunst und Technik.

Schorndorf - Es gibt wenige Namen von Künstlern im Rems-Murr-Kreis, bei deren Vernissage die Sitzgelegenheiten nicht ausreichen und sich die Besucher so auf den Emporen drängeln, wie am Montagabend in den Schorndorfer Galerien für Kunst und Technik. Renate Busse gehört dazu. Seit 1973 wohnt sie im mittleren Remstal und ist mit ihrer Kunst und Darstellungsfreude omnipräsent. „Wo auch immer etwas in Schorndorf los war , sie hat es gemalt“, erzählt Alexa Heyder, die Geschäftsführerin des Kulturforums. Renate Busse ist eine Chronistin des städtischen Lebens über Jahrzehnte hinweg, ihre verspielte Art, die Dinge abzubilden, wurde nicht nur bewundert, sondern auch gekauft. Es habe längerer Vorarbeiten bedurft, die Bilder, die in Schorndorf und Umgebung über viele, viele Häuser verteilt sind, als Leihgaben zu gewinnen, verrät Alexa Heyder. Das große Spektrum der Ausstellung zeigt: es hat sich gelohnt.

 

Ein menschlicher Blick auf das Leben in einer Stadt

Die eigentliche Stärke von Renate Busse seien ihre Zeichnungen, sagt die StZ-Kulturkritikerin Adrienne Braun in ihrer Einführungsrede. Sie spricht von einer „leichten, entspannten Linienführung“, einem unbeschwerten Duktus. Tatsächlich sind es die Zeichnungen von Renate Busse, die weniger bekannt sind. Mehr als 20 Jahre lang hat die in den 1960er Jahren bei Professor Manfred Henninger an der Stuttgarter Kunstakademie ausgebildete Künstlerin Räume nachgezeichnet, vom Chaos eines Computerbastlertisches bis zur gutbürgerlichen Schrankwand. Renate Busses Verdienst ist es, nichts zu persiflieren, sondern liebevoll zu überhöhen. Die Aussstellungsmacher haben ihr im Innenhof der Galerie ein Wohnzimmer nachgebaut, in denen zwischen Stellwänden und Pappmöbeln die Zeichnungen voll zur Geltung kommen.

Oben in der Halle, erlebt man die farbige Seite der Künstlerin. Renate Busse hatte ihre Ateliers in bekannten Bauten wie der alten Manufaktur, der früheren Löwenbrauerei oder dem Café Moser. Diesen alten, nun zum Teil abgerissenen Häusern hat sie etliche Bilder gewidmet. Zu sehen sind auch Stillleben, orientalische Städte, Gartenansichten und feingliedrige Zeichnungen von Fantasiearchitektur.

Man könne, sagt Adrienne Braun, diese Arbeit als gesellschaftspolitisches Statement verstehen. Renate Busses Arbeit sei motiviert vom „menschlichen Blick“. Eine künstlersche Sichtweise, die zeige, dass Realität einer Stadt nicht allein Sache von Politik, Kapital und Marketing sei. Ein Bild des Café Mosers, gemalt aus dem Fenster ihres jetzigen Ateliers im alten Schorndorfer Bahnhofsgebäude, mag dafür exemplarisch sein. Renate Busse hatte ihre Künstlerwerkstatt einst in der Etage direkt über dem Café, in einem Haus, welches es so nicht mehr gibt. Das Bild zeigt das Gebäude mitten im Umbau im Jahre 2012.

Kinderzeichnungen als Einblicke in eine Zeitreise

Trotz all diesem positiven Feedback ist Renate Busse keine Frau der lautstarken Rede, aber in einem Nachwort im sehr aufwendig ausgestatteten Katalog hat sie doch ein wenig ihre Gefühle offenbart. Man findet darin nicht nur bunte Kinderzeichnungen der kleinen vierjährigen Renate, sondern Einblicke in die Zeitreise, die sich bei der Beschäftigung mit der eigenen Kunst ergaben. Ihre früheren Arbeiten hätten „sofort Zeit, Stimmung und die damaligen Umstände in mir wachgerufen“. Renate Busse hat nun das Privileg, mit warmem Blick all das zu betrachten, womit sie sich mehr als 40 Jahre lang beschäftigt hat.