Partystimmung im Ruhrgebiet: In Dortmund wird die vorzeitige Meisterschaft groß gefeiert - und sogar höher eingeschätzt als der letztjährige Erfolg.

Dortmund - Wenige Tage vor der Meistersause hat Norbert Dickel den eindrucksvollen Nachweis erbracht, wie segensreich es war, dass er sich einst für eine Karriere als Profifußballer entschieden hat, und nicht für die eines Schlagersängers. „Borussia schenk uns die Schale, schenk uns die Schale im Mai“, trällert die BVB-Ikone auf die Melodie des Gassenhauers „Schatzi schenk mir ein Foto“. Das ist nicht nur gewöhnungsbedürftig, sondern geht auch inhaltlich an der Realität knapp vorbei. Der BVB hat seinen vielen Fans die Meisterschaft nämlich bereits im April serviert. Zwei Spieltage vor dem Saisonende ist die Borussia nicht mehr von Platz eins zu verdrängen.

 

Zum Glück gibt es in der Reviermetropole ja noch andere Lieder, auf die sich trefflich schunkeln lässt. Um 20.20 Uhr versank das mit 80  720 Zuschauern gefüllte Stadion in einem schwarz-gelben Freudentaumel. Es war ein Bild, das hierzulande seinesgleichen sucht. Die Spieler, Trainer Jürgen Klopp und der famose Dortmunder Anhang bilden eine einzigartige Symbiose. Später, als die vielen überdimensionalen Pilsgläser ausgetrunken und die Spuren der Bierduschen abgewaschen waren, zog die Mannschaft weiter zu ihrem Lieblings-Italiener „Piazza Navone“ und ließ es richtig krachen. Seinen Status als Feierweltmeister hatte schon in den Katakomben Kevin Großkreutz bestätigt, der im Minutentakt frische Getränke in die Kabine schleppte. Er werde nun erst einmal versacken, teilte der Mittelfeldrenner mit, „bis Mittwoch sieht mich hier keiner mehr“.

Eine lange und unvergessliche Party

Nicht nur dort, wo sich die Spieler des alten und neuen Meisters aufhielten, sondern auch in praktisch allen Kneipen und auf den Straßen Dortmunds wurde eine lange und unvergessliche Party zelebriert. Schließlich galt es, den achten Meistertitel der Vereinsgeschichte zu feiern.

Der Revierklub hat Geschichte geschrieben und sich hinter Bayern München (22 Meistertitel) und dem 1. FC Nürnberg (9) auf den dritten Platz in der Liste der erfolgreichsten deutschen Vereine vorgearbeitet. Seit dem Bundesligastart 1963 holte die Borussia nun zum fünften Mal den Titel. Wohl niemand in Fußballdeutschland wird daran zweifeln, dass den Dortmundern dieser Triumph zusteht.

26 Spiele ohne Niederlage: Rekord

„Wir haben binnen zehn Tagen den Zweiten, Dritten und Vierten geschlagen“, betonte der Sportdirektor Michael Zorc voller Stolz: „Es gab selten einen verdienteren Meister als in dieser Saison.“ 2:0 gewann der BVB nach den Toren von Ivan Perisic (23.) und Shinji Kagawa (59.) den finalen Akt gegen Borussia Mönchengladbach. Dieser Sieg folgte den vorentscheidenden Erfolgen gegen Bayern München und den FC Schalke 04. Die unglaubliche Bilanz der Dortmunder summiert sich damit auf 26 Spiele ohne Niederlage, eine solche Serie in einer Saison hat es in der Bundesliga noch nie gegeben.

Das Schweben auf Wolke sieben ist im Revier zum Dauerzustand geworden, derzeit kann sich niemand vorstellen, wie es sein wird, wenn der BVB wieder auf den Boden zurückkommt. Darüber, wie der zweite Durchmarsch in Folge einzuordnen sei, waren sich alle Protagonisten einig. Während der Erfolg in der letzten Saison vor allem auf die grenzenlose Euphorie zurückzuführen war, in die sich die jungen Himmelsstürmer gesteigert hatten, agierte die Mannschaft bei der Titelverteidigung sehr viel abgeklärter. Das ist der eigentliche Wert dieses Titels: Borussia Dortmund hat bewiesen, dass mit Herz und Leidenschaft auch nachhaltig Großes zu leisten ist. „Diese Meisterschaft ist höher zu bewerten als die letzte“, betonte Kapitän Sebastian Kehl, „weil wir bei allen auf dem Tippzettel waren und trotzdem unsere Leistung bestätigen konnten.“

Die Mission ist noch nicht erfüllt

Doch mit dem Triumph in der Meisterschaft ist die Dortmunder Mission für dieses Jahr noch nicht erfüllt: „Jetzt wollen wir am 12. Mai in Berlin das Double schaffen“, sagte der Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, „ein Kunststück, das uns in den letzten 103 Jahren nicht gelungen ist.“

Zudem gilt es, in der kommenden Saison die nächste Entwicklungsstufe zu erreichen. Den Ritterschlag werde der Rivale von ihm nur erhalten, „wenn die Dortmunder nicht nur in der Bundesliga, sondern auch in der Champions League erfolgreich spielen“, hatte der Bayern-Präsident Uli Hoeneß jüngst verkündet. Diese Einschätzung teilt Watzke. Das frühe Scheitern in der Königsklasse sei in dieser Saison „das Haar in der Suppe“, sagt der 52-Jährige und verspricht: „In der nächsten Saison werden wir auf jeden Fall besser aussehen.“