Die BW-Bank wird in diesem Jahr in 18 Filialen das Beratungsangebot senken und die Kassen ganz schließen. Die Zweigstelle im Breuninger am Marktplatz wird sogar ganz geschlossen.

Stuttgart - Der scheidende Vorstandschef der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), Hans-Jörg Vetter, hat bei seinem letzten Auftritt im Verwaltungsausschuss die Stadträte auf schwierige Zeiten eingestimmt. Das Vorjahresergebnis von 322,3 Millionen Euro werde wegen des „katastrophalen Januars und Februars“ wohl nicht erreicht werden können.

 

2015 lag die Bank mit einer Ausschüttung von 49,6 Millionen Euro an den städtischen Miteigentümer (18,9 Prozent Anteil) um 2,6 Millionen Euro unter dem im Haushaltsplan genannten Ansatz. Vetter sprach von einem „schwierigen Umfeld“: Die Ausschläge seien stärker als zum Zeitpunkt der Pleite der Lehman-Brothers-Bank. Negativzinsen bezeichnete Vetter als „leicht pervers“, er habe auch als Staatsbürger damit ein Problem. „Und der Sparer schaut ins Ofenrohr“. Der Bankchef sagte, die LBBW habe 2015 rund 200 Millionen Euro wegen regulatorischer Anforderungen ausgeben müssen. 200 Mitarbeiter seien allein mit diesem Thema beschäftigt. Die SPD konterte die Kritik mit dem Hinweis, die Banken hätten sich schärfere Kontrollen doch selbst eingebrockt.

OB Fritz Kuhn lobt den scheidenden LBBW-Chef

Das Institut werde bis 2020 rund 400 Millionen Euro investieren, sagte Vetter. Er nahm den Stadträten die Hoffnung, wie versprochen einen Teil der Einlagen in absehbarer Zeit zurückerstattet zu bekommen. Bis zum Jahr 2020 müsse die Bank ihr Eigenkapital verdoppeln.

Der Ausschuss beschloss, 290 Millionen Euro an Land, Stadt und den Sparkassenverband als Träger der LBBW auszuschütten sowie Vorstand und Aufsichtsrat zu entlasten. OB Fritz Kuhn (Grüne), Aufsichtsratschef der für das Privat- und Geschäftskunden zuständigen LBBW-Tochter BW-Bank, hat Vetter eine „ausgesprochen solide, weitsichtige und kluge“ Arbeit attestiert. Die LBBW sei um ein Vielfaches sicherer als vor der Krise, in der sich der Gemeinderat entschlossen hatte, sich an einer Kapitalerhöhung um fünf Milliarden Euro zu beteiligen und in einem zweiten Zuge gut verzinste stille Einlagen in Eigenkapital umzuwandeln. Unterm Strich hat die Stadt Stuttgart diese Rettungsmaßnahmen, über deren Notwendigkeit sich heute noch die Geister streiten, rund 350 Millionen Euro gekostet. Kritiker sagen, die Bank hätte unter den Rettungsschirm gehen und die Stadt das Land veranlassen sollen, ihren Anteil an der Kapitalerhöhung von fast einer Milliarde Euro zu übernehmen.

Rockenbauch: Stadt ohne Einfluss auf die Bank

Dies wurde damals mit dem Hinweis verhindert, damit würde der Einfluss auf die Bank schwinden. Hannes Rockenbauch (SÖS-Linke-Plus), der LBBW-„Chefkritiker“, hat im Zusammenhang mit der Debatte über Tochtergesellschaften in Steueroasen, den Änderungen in der Filialstruktur und deren Auswirkungen auf die Nahversorgung in den Stadtteilen betont, der Einfluss tendiere doch gegen Null. Es fehle an Transparenz, und man habe keine Chance, das Filialsterben zu stoppen.

Die Debatte nahm Vetter zur Kenntnis, gab aber keine Stellungnahme ab. OB Kuhn sagte, das Privatkundengeschäft schreibe rote Zahlen. Rockenbauch konterte mit dem Hinweis, dies lasse sich mit hohen Einmalinvestitionen begründen. Die Rede des Fraktionschefs von SÖS-Linke-Plus wurde bewusst von einigen Stadträten gestört. Eine Beschwerde konterte Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) mit dem Hinweis, es gebe kein Recht auf ungeteilte Aufmerksamkeit.

Kritik an lustloser Antwort auf SPD-Antrag

Die kontroverse Debatte hatte sich an der Antwort von OB Kuhn auf einen Antrag der SPD zur Sicherung der Zweigstellen in den Stadtteilen entzündet. Der OB hatte die Aufforderung, die Auswirkungen auf die örtliche Infrastruktur untersuchen zu lassen, so verstanden, dass es reiche, die Streichliste der BW-Bank von deren Internetseite auf Stadtpapier zu kopieren. Darunter schrieb er, die Auswirkungen würden „als nicht so gravierend angesehen“.

Die BW-Bank zieht an zahlreichen Standorten ihr Personal komplett oder zeitweise ab, sogar im Milaneo, wo sie erst Ende 2014 eine „Filiale der Zukunft“ eröffnete. Im „treffpunkt extend“ sollte in kreisrund gestalteten Beratungsräumen mit integrierter Kaffeebar die Kundschaft beraten werden. Jetzt wird auch diese Innovation zum Beratungszentrum herabgestuft, wo Kunden individuell Termine vereinbaren müssen. Zusätzlich gibt es Selbstbedienungsautomaten. An manchen Orten gibt es aber nur noch Automaten. Begründet wird der Abbau von dauerhaft personalgestützter Betreuung mit dem veränderten Kundenverhalten. Immer mehr Menschen würden ihre Bankgeschäfte über das Internet erledigen. In diesem Monat trifft es fünf Filialen, wobei jene im Breuninger am Marktplatz komplett geschlossen wird. Ob es an dieser zentralen Stelle überhaupt noch einen SB-Automaten geben wird, soll in einem Gespräch zwischen Stadt- und Bankspitze geklärt werden. Im Juni folgen sieben weitere Filialen, im September drei und im November zwei.

SPD-Stadtrat Hans Pfeiffer warf OB Kuhn vor, die Problematik zu unkritisch zu behandeln. Die Genossen betonten, die Politik der Bank wirke sich negativ auf die Nahversorgung aus und beschleunige die Abwärtsspirale. Während die Bank und Kuhn auf das attraktive Restangebot hinwiesen, haben Pfeiffer und Rockenbauch die Klagen von Händlern, Organisationen und Bürgern in den Stadtteilen erhört: Das Wichtigste in der Filiale sei nach wie vor die Kasse. Ein- und Auszahlungen, der Kauf von Münzen und ausländischen Banknoten würden Automaten nicht leisten. Rose von Stein (Freie Wähler) wies darauf hin, der Kunde sei nicht gezwungen, bei der LBBW zu bleiben. Mathias Oechsner (FDP), als Apotheker selbst von Online-Konkurrenz bedroht, verstand „die künstliche Aufregung nicht“. Der Discounter sei ein Magnet, aber doch nicht die Bankfiliale.