Wer kennt nicht Threatin – die Rock-Newcomer des Jahres? Ein junger Amerikaner hat tausende Fans und Awards erfunden, die Betreiber von Live-Locations gelinkt und eine Europa-Tour begonnen. Zum geplanten Konzert im Café Central in Weinheim kommt es aber nicht mehr.

Digital Desk: Sascha Maier (sma)

Weinheim - Ohne Übertreibung lässt sich sagen, dass der junge Mann hinter der Band Threatin der moderne Münchhausen des Internets ist. Dem US-Amerikaner ist nämlich das Kunststück gelungen, Konzertveranstalter in ganz Europa an der Nase herumzuführen: Der auch in seiner Heimat bislang gänzlich unbekannte Musiker spielte tatsächlich ungefähr eine halbe Europatour, indem er den Veranstaltern mit gefälschten Youtube-Videos, in denen er in vollen Hallen auf der Bühne steht, gekauften Facebook-Fans und sogar einem frei erfundenen Award („Top Rock Artist of the Year Award“) leimte. Auch das Café Central in Weinheim zwischen Mannheim und Heidelberg ging dem Gaukler auf den Leim.

 

„Die Mail des angeblichen Managements aus den USA wirkte sehr professionell“, sagt Michael Wiegand, der seit 23 Jahren Konzerte im Café Central veranstaltet. Auch der Kostenvoranschlag für die Technik sei sofort bezahlt worden. „Seltsam wurde es aber, als wir einen Kartenvorverkauf einrichten wollten. Da hat der Künstler so komisch herumgedruckst“, sagt Wiegand.

Lügenkonstrukt bricht zusammen

Nicht ohne Grund. Denn nach „ein, zwei Wochen“ sei genau ein Ticket verkauft worden. „Da haben wir den Braten gerochen“, sagt der Veranstalter. Nicht viel später brach das Lügenkonstrukt um Threatin zusammen wie ein Kartenhaus. Die Tour begann am 1. November in London, übereinstimmenden Medienberichten nach sollen etwa drei Gäste dagewesen sein. Was den Kopf von Threatin und offenbar gekaufte Musiker als Bandunterstützung nicht davon abhielt, zu spielen.

Sehen Sie hier das gefakte Youtube-Video.

Zum Gig in Weinheim wird es aber nicht mehr kommen. „Wir haben das das Konzert sofort gecancelt“, sagt Michael Wiegand. Versuche, mit dem Betrüger in Kontakt zu treten, seien gescheitert. Mittlerweile scheint der junge Mann hinter Threatin regelrecht abgetaucht zu sein – auch die Facebook-Seite existiert nicht mehr.

Der wirtschaftliche Schaden für das Café Central hält sich in Grenzen. „Die Anzahlung haben wir ja. Und wir hatten genug Zeit, für den 16. November ein Metalfestival zu organisieren“, sagt Wiegand. Man erlebe ja viel als Konzertveranstalter – aber etwas Vergleichbares sei ihm noch nie passiert.

Und Threatin? Womöglich haben wir von der Band, die es nicht gibt, nicht zum letzten Mal gehört. Denn die Geschichte hat im Internet hohe Wellen geschlagen – und laut BBC sollen die ersten Konzerte in England gar nicht so schlecht gewesen sein. „Ich könnte mir wirklich vorstellen, dass die Aktion als Karriereschub tatsächlich funktioniert“, glaubt auch Michael Wiegand.