Café Làlà in Herrenberg Neues gastronomisches Schmuckstück im Stil eines Wiener Kaffeehauses

Theresa Giese-Vogler (links) und ihre Schwester Hanna Vogler haben ihr Pop-up-Café nun offiziell als Café Làlà gegründet. Foto: /Stefanie Schlecht

In der Altstadt gibt es ein neues Café-Highlight: Zwei Schwestern eröffnen im Gebäude ihrer Ururgroßeltern das Làlà, ein Café samt Modeladen. Es ist eine Liebeserklärung an ihre Familie.

Böblingen: Leonie Schüler (lem)

Eine Mischung aus Nach-Hause-Kommen und Urlaubsgefühl macht sich breit, wenn man das Café Làlà in Herrenberg betritt. Zum einen ist es so gemütlich eingerichtet, dass man als Besucher beinahe die Schuhe ausziehen möchte, gleichzeitig könnte man meinen, beim Betreten eine Pforte nach Österreich durchschritten zu haben und nun seine Melange in einem waschechten Wiener Kaffeehaus zu trinken.

 

Für die beiden Schwestern Hanna Vogler und Theresa Giese-Vogler ist es beides: Sehnsuchtsort und Zuhause. Denn einerseits erfüllen sich die beiden damit den lang gehegten Traum, zusammen ein Café zu eröffnen. Gleichzeitig ist das Gebäude an der Schulstraße ihr Familienhaus; ihr Ururgroßvater hatte es vor 150 Jahren erworben und dort zunächst eine Handweberei, später das Betten- und Aussteuergeschäft Niethammer gegründet. Ihre Großeltern übernahmen es in den 1960er Jahren und verkauften dort Damen- und Herrenmode. „Mit den bodentiefen Fenstern, das war schon eine Adresse. Man ist ,zu Niethammer‘“, sagt Theresa Giese-Vogler.

Der Art-Deko-Stil des Raumes hat es den Schwestern angetan

Noch bis 2001 führte ihre Großmutter Madeleine, eine adrette Französin aus einem kleinen Dorf in der Champagne, das Modegeschäft weiter. Die Frauen erinnern sich daran, wie sie als Kinder durch Omas Laden rannten. Als sie das Geschäft aufgab, gab es verschiedene Interessenten für die Räume, die teils komplett modernisieren wollten. „Unser Vater hat aber immer gesagt: Wir verändern hier nichts“, sagt Theresa Giese-Vogler. Letztlich zog für mehr als 20 Jahre das Dekogeschäft „Gall und Zick“ im Erdgeschoss ein. Vergangenes Jahr kündigten die Inhaber, und plötzlich nahm der Traum der Schwestern Gestalt an. „Davor war alles vollgestellt gewesen. Dann standen wir in dem leeren Laden, sahen die Vertäfelungen und dachten: wow!“, erzählt Hanna Vogler.

In nur zwei Monaten stampften die Schwestern ein Pop-up-Café aus dem Boden, das im Juli des vergangenen Jahres eröffnete. „Wir haben gesagt, wir machen das Mal ein halbes Jahr und gucken, ob die Herrenberger das zulassen“, sagt Hanna Vogler. Beide hätten als Studentinnen viel in der Gastronomie gejobbt und gewusst, worauf sie sich einließen. „Wir wussten, was Gastro bedeutet, und was alles dranhängt, auch nach Feierabend.“ Da beide parallel noch andere Jobs haben und die Zukunft des Làlà ungewiss war, wollten sie die Einrichtung eigentlich nur provisorisch machen. „Aber mein Mann hat gesagt, das geht nicht. Ihr braucht eine klare Linie“, sagt Theresa Giese-Vogler. „Also haben wir Vollgas gegeben.“

Vollgas heißt: Die beiden zogen zeitweise in das obere Stockwerk ein, und sobald Theresas zwei kleine Kinder schliefen, gingen sie nach unten, renovierten und werkelten. Was dabei nach und nach entstanden ist, ist ein gastronomisches Kleinod im Art-Déco-Stil mit ganz viel Liebe fürs Detail. Sämtliche Einrichtungs- und Dekogegenstände haben sie gebraucht gekauft – „Therri ist total gut in Kleinanzeigen“, sagt Hanna Vogler und lacht ihrer Schwester zu. Die Stühle kauften sie einem Waiblinger Café ab, das schließen musste, und bezogen sie eigenhändig mit Cordstoff, den sie in Großmutters altem Modelager fanden. Die Stehtische sowie einen Raumteiler fertigten sie aus einem antiken Holzbett an. Für einen Teil der Tischfüße verwendeten sie alte Nähmaschinen, eine davon stammt von ihrer Urgroßmutter. Kronleuchter, Ventilatoren, Zuckerdöschen – nichts davon ist neu, alles ist antik und hat eine Geschichte.

Viele Deko-Gegenstände sind Familienerbstücke wie etwa das kleine Segelschiff, das der Großvater von einem armen Künstler gegen einen Anzug eingetauscht hatte, oder eine Trommel, die der Urgroßvater seinem Sohn zum zehnten Geburtstag geschenkt hatte. Was neu gekauft werden muss, weil es alt nicht die gewünschte Qualität hat, wird verborgen. So zum Beispiel haben die Schwestern neue Boxen hinter alte Radios gestellt; für den Handtuchhalter auf der Toilette hat Theresa Giese-Vogler eine alte Wanduhr zersägt und als Verkleidung davor geschraubt. „Wir versuchen, alles, was modern ist, zu verstecken“, sagt die 35-Jährige.

Mit französischer Mode wird an das Textilgeschäft Niethammer erinnert

Und noch etwas ist Original: Eine Verkaufsvitrine der Großmutter. Dort sind geringelte Shirts im Marinelook der französischen Marke Saint James ausgestellt – aber nicht nur als Dekoration, sondern weil sie neben dem Cafébetrieb verkauft werden. „Das ist eine Hommage an den alten Kleiderladen“, sagt Hanna Vogler. „Außerdem trägt unser Vater diese Shirts seit Jahrzehnten, das ist sein Markenzeichen.“ Ein Laden im Café – dieses Konzept spiegelt sich auch im Namen wider. Là et là, hier und dort, meint die Mischung von Verkaufsfläche und Gastronomie. Und auch wirtschaftlich sei die Kombination sinnvoll, sagt die 45-Jährige. „Es ist wichtig, dass wir beides als Einnahmequelle haben.“

Mehr Familienbezug in einem Raum geht nicht? Doch, beim Café-Ausschank: Den Wein stellt ihr Vater auf seinem ungarischen Weingut her; der Champagner stammt von der Verwandtschaftslinie der französischen Großmutter aus deren Heimatdorf.

Weil die Herrenberger das Konzept gut angenommen haben, entschlossen sich die Schwestern nach der Pop-up-Zeit, das Làlà fest zu etablieren. Umbauten und bürokratische Hürden dauerten einige Monate, aber seit Kurzem ist wieder Leben im Làlà. Im Juli wollen die Vogler-Schwestern offiziell eröffnen. Und träumen schon von den nächsten Schritten, nämlich kleine Events zu veranstalten wie 20er-Jahre-Partys, Konzerte, Lesungen oder lokale Künstler auszustellen.

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