Zum 1. April schließt das Café Scholz am Marktplatz. Auf Gastronomie folgt nach zehn Jahren wieder Einzelhandel. Damit verliert die Stadt einen zentralen Treffpunkt. Die Betreiber sagen, sie hätten die enormen Kosten nicht mehr erwirtschaften können.
Stuttgart - Es ist Stadtgespräch: Am 1. April verabschiedet sich das Café Scholz nach mehr als zehn Jahren vom Marktplatz. Damit gehört auch die sonnige Außenterrasse mit prominentem Blick auf das Rathaus demnächst der Vergangenheit an. Einen Ersatz wird es nicht geben. Statt Gastronomie wird wieder Einzelhandel ins Benger-Haus einziehen.
„Es war die schönste Zeit“, sagt Stephanie Benzing, die das Café mit ihrem Mann Georg Scholz führt. Als Grund für die Schließung nennt sie den hohen Kostendruck – zumal Renovierungen angestanden hätten. Trotz sehr guter Umsätze könne man als inhabergeführter Familienbetrieb die hohen Mieten in zentraler Lage nicht erwirtschaften. „Wenn wir nicht so voll wären, gäbe es uns schon lange nicht mehr.“
Mehr als 20 000 Euro Miete im Monat
Die Miete für die Gastronomie im Erdgeschoss und im ersten Stock des so genannten Benger-Hauses beträgt laut Stephanie Benzing mehr als 20 000 Euro im Monat. Der Mietvertrag, aus dem man nun vorzeitig aussteige, laufe eigentlich noch vier Jahre, danach wäre die Miete mit Sicherheit weiter angestiegen. Der Betrieb sei außerdem sehr personalintensiv: Man beschäftige mehr als 40 Mitarbeiter, viele in Festanstellung. Sie seien frühzeitig über die Schließung informiert worden. „Die meisten haben einen neuen Job gefunden.“
Am 3. Oktober 2003 hatte das Scholz in der ehemaligen Wäschehandlung eröffnet. Die ersten beiden Jahre machte es als neue Adresse im Nachtleben von sich reden. Auch wenn weiter DJs auflegten und Jazzbands spielten, wandelte sich der Betrieb hin zum Frühstücks- und Tagesgeschäft. Dafür sei die Infrastruktur des Ladens eigentlich nicht geeignet, resümiert Stephanie Benzing. Der Keller sei winzig, die Küche „nicht größer als ein Tisch – und wir hatten den Anspruch, sogar die Marmelade selbst zu machen.“
Ein schwacher Trost für die Anhänger des legendären Scholz-Frühstücks mit Bircher Müsli und Häppchen auf der Etagère: Es wird vom 1. April an quasi nahtlos im Scholz am Park serviert. Die Frühstücksköchin wechselt auf den Killesberg. Dort betreiben Stephanie Benzing und Gregor Scholz gemeinsam mit Paul Schwenk seit dem 1. April 2013 ihr Restaurant samt Eisdiele und Blumenladen.
Scholz-Betreiber konzentrieren sich auf den Killesberg
Mit der edlen Brasserie habe der Ausstieg aus dem Café, dessen Interieur in letzter Zeit deutliche Gebrauchsspuren zeigte, freilich nichts zu tun, betont Stephanie Benzing. „Das sind zwei finanziell komplett getrennte Firmen.“ Entgegen der Gerüchte in der Stadt sei kein Geld vom Kessel auf die Höhe geflossen. „Es wäre doch Unfug, einen Laden ausbluten zu lassen, den wir immer mit Leidenschaft betrieben haben.“
Ein erneutes Engagement in der Innenstadt wollen die Scholz-Macher nicht ausschließen. Allerdings nehmen sie auch die Stadt in die Pflicht. Stichwort: die Konzessionierung der Außenflächen in der Innenstadt. Man sollte sich generell Gedanken darüber machen, sagt Stephanie Benzing, „dass, wenn es draußen brummt, man drinnen keinen Umsatz macht“.
Birgit Grupp, die Betreiberin des Ratskellers und des Stadtbesens, bedauert den Rückzug der Konkurrenz gegenüber, wobei sie von einer solchen gar nichts sprechen will. Im Gegenteil: „Der Marktplatz könnte noch sehr viel mehr Gastronomie vertragen.“ Wenn freilich die Gäste stundenlang bei einem Latte macchiato im Liegestuhl lägen, dann könne am Ende die Kasse nicht stimmen. Birgit Grupp betont: „Uns gibt’s noch.“ Allerdings bekomme ihre Terrasse am Rathaus nur morgens ein wenig Sonne ab. Jetzt überlegt die Gastronomin, ob sie künftig Frühstück anbietet.
Nespresso-Filiale nebenan hat keinen gastronomischen Bereich
Der neue Nespresso-Laden in den ehemaligen Räumen von Spielwaren Kurtz wird dagegen keine Alternative sein. Er eröffne im Sommer, teilt eine Firmensprecherin auf StZ-Anfrage mit, aber das „Boutique-Konzept“ sehe keinen gastronomischen Bereich vor, sondern nur eine „Tasting Area“ für die Kunden.
Die Karlspassage lädt dagegen nun doch wieder zur kulinarischen Shoppingpause ein. Eigentlich hatte Breuninger in den Räumen der Brasserie Flo – ihre Schließung hatte voriges Jahr zu seitenlangen Beschwerdelisten im Kundenbüro geführt – eine Handelsfläche geplant. Am Samstag hat hier aber erstmal ein sogenanntes Pop-up-Restaurant eröffnet. Die Suppenbar mit Selbstbedienung fasst 100 Sitzplätze. Die Champagnerbar in der Passage bleibt bestehen, während gleichzeitig die Restaurantküche entkernt wird. Die Suppenbar sei eine Interimslösung, sagt der Breuninger-Sprecher Christian Witt. Die Zukunft der Flo-Fläche bleibe offen, bis die Mieter für Läden und Gastronomie im Dorotheenquartier feststünden. Immerhin ist die Erkenntnis gereift: „Ein Bedarf für Gastronomie an dieser Stelle ist da.“