Viel Platz, viel Spielzeug: Das Café Dürnitz im Landesmuseum Württemberg ist ein beliebter Treffpunkt für Familien – vor einigen Wochen wurden aber alle Spielsachen entfernt. Wir haben nachgefragt, was es damit auf sich hat.
Seit Herbst 2021 hat das Museumsfoyer im Alten Schloss, die historische Dürnitz, wieder geöffnet. Die Eingangshalle begrüßt Besucher seitdem zwischen Dienstag und Sonntag mit einem Café, einer Lounge und dem Museumsshop in heller und moderner Atmosphäre. Bereits im Mittelalter war dieser große Raum das soziale Zentrum des Schlosses, daran hat sich bis heute nichts geändert. Betritt man den großzügigen Raum, kann man erahnen, wie viel Freude vor allem Familien an ihm haben.
Plötzlich war das Spielzeug weg
Viele bunte Stapelsteine, ein Spielteppich mit einem großen Aktivitätswürfel aus Holz, Unmengen an Büchern und ein Auto zum Reinsetzen, Wickelmöglichkeiten auf den Damen- und Herrentoiletten, dazu viel Platz und im Sommer der schattige Hof – ein Traumort für alle, die mit Kindern unterwegs sind. „Wir sind, seitdem unser Sohn krabbelt, immer wieder hierhergekommen. Ob Sommer oder Winter, das Café im Alten Schloss gehörte zu unseren liebsten kinderfreundlichen Orten in der Stuttgarter Innenstadt“, erzählt eine Mutter, die sich an unsere Zeitung gewandt hat.
Denn seit mehreren Wochen fehlt von dem Spielzeug jede Spur. Auch anderen Eltern fiel die Veränderung schnell auf: „Uns wurde die Begründung geliefert, dass das Spielzeug nur im Rahmen der Kleinen-Hexe-Ausstellung aufgestellt wurde. Wir haben daraufhin tatsächlich beschlossen, dass das traurigerweise offenbar nicht mehr der richtige Ort für ,mit Kindern‘ ist“, sagt eine Mutter. Einer anderen Familie wurde von Servicekräften des Cafés erzählt, dass sich ältere Besucher über den Kinderlärm beklagt hätten und das Spielzeug deswegen weggeräumt wurde. Was stimmt nun?
Eine angenehme Atmosphäre für alle Besucher:innen
Heike Scholz, die Pressesprecherin des Landesmuseums Württemberg, antwortet auf unsere Anfrage, dass die Spielzeuge im Museumsfoyer aus Sicherheits- und Haftungsgründen entfernt worden seien. „Wir müssen uns als Haus darüber verständigen, welche Spielsachen wir zukünftig anbieten, ohne das Wohlergehen unserer Besuchenden zu riskieren. Insbesondere die mobilen Stapelsteine haben zu manchen unschönen Situationen geführt“, sagt Scholz. Es gehe dem Museum nicht nur um physische Risiken, sondern auch um die Verantwortung, für eine Umgebung zu sorgen, in der sich alle Gäste – ob Jung oder Alt – und auch die Mitarbeitenden des Landesmuseums Württemberg wohlfühlen können, erklärt die Pressesprecherin. Ob und wann im Museumsfoyer wieder Spielzeug aufgestellt wird, sei noch unklar. „Unser Ziel bleibt es, eine Lösung zu finden, die eine angenehme Atmosphäre für alle Besucher ermöglicht“, sagt Scholz.
Einen solchen Ort für alle zu schaffen, scheint heutzutage fast unmöglich. Liest man die Kommentare unter einem Instagram-Beitrag einer Stuttgarter Food-Bloggerin über das Café Dürnitz, fällt auf, dass viele das Adjektiv „kinderfreundlich“ auch als Warnung verstehen. Viele User beklagen sich über den Kinderlärm, der ihrer Meinung nach seit den 1990er Jahren extrem zugenommen hätte, weil etwas in der Erziehung schiefgehen würde. Auch die Mitarbeiter wären nach einem Arbeitstag im Café Dürnitz fix und fertig gewesen, schreibt eine andere Nutzerin, während sich Eltern über das mangelnde Angebot in Stuttgart beschweren. „Es geht darum, dass es kaum Möglichkeiten bei schlechtem Wetter gibt, und da war das Landesmuseum eine sehr schöne Adresse“, schreibt Sofia K., die mit ihrem einjähren Sohn Stammgast im Café Dürnitz war. „Wenn man sich von Kindern gestört fühlt, hätte man dort auch immer noch genügend Platz oder man geht in ein anderes Lokal. Aber nun haben die Nörgler das Café wieder für sich allein.“
Die Reaktion der Eltern zeigt, wie schwer es in Stuttgart ist, ein kinderfreundliches Café zu finden. Dass damit nicht nur gemeint ist, dass man „trotz Kind“ freundlich behandelt wird, ist vielen Cafés und Restaurants nicht klar. „Für mich bedeutet kinderfreundlich so viel mehr – nämlich, dass Familien konsequent mitgedacht werden“, sagt eine Mutter gegenüber unserer Zeitung. Dazu zählen ihrer Ansicht nach ausreichende Wickelmöglichkeiten, Gerichte für Kinder, Spielzeug oder Malsachen und die Möglichkeit, in einer angenehmen Atmosphäre zu stillen. Ein Ort für alle schließt eben auch die Allerkleinsten mit ein.