Mit seinem Dokumentarfilm „Musik als Waffe“ hat der Calwer Filmemacher Tristan Chytroschek den International Emmy Award gewonnen. Der Film über den Einsatz von Kinderliedern zur Folter hat in der Öffentlichkeit heftige Diskussionen ausgelöst.

Stuttgart - „Das ist absolut surreal.“ Mit diesen Worten kommentiert der in Pforzheim geborene und in Calw aufgewachsene Filmemacher Tristan Chytroschek den Gewinn des International Emmy Awards (iEmmy) am Montagabend (Ortszeit) in New York. Der 44-Jährige kann sein Glück selbst am Ende der großen Gala im Hilton-Hotel noch nicht fassen. „Als die auf der Bühne den Umschlag aufgerissen und meinen Namen verkündet haben, ist mein Hirn erst einmal für eine Sekunde komplett stillgestanden“, schildert Chytroschek den Moment, als die Entscheidung der Jury verkündet wurde. „Anschließend sind alle Synapsen gleichzeitig explodiert und es war ein Gefühl, wie ich es noch nie erlebt habe“, frohlockt der Filmemacher und ergänzt: „Das ist so geil!“

 

Bis zum Schluss, so beteuert der Wahlhanseat mit badisch-schwäbischen Wurzeln, habe er nicht im Geringsten daran geglaubt, den Preis zu gewinnen. Die in der selben Kategorie nominierten Filme seien ebenfalls so stark gewesen, „dass es für mich einfach aussichtslos schien“, sagt Chytroschek. Insbesondere die BBC-Produktion über die Kultband Queen sei „ein so fetter Film mit spannenden Schnitten und herausragendem Archivmaterial“ gewesen, „da konnte ich mir wahrlich keine Hoffnungen auf den Preis machen“, sagt Chytroschek. Er ist bereits seit Freitag in New York, um am Rande der Emmy-Preisverleihung mit zahlreichen internationalen Filmemachern zu diskutieren und neue Kontakte für künftige Projekte zu knüpfen. In neun Kategorien waren insgesamt 36 internationale Produktionen für den Fernseh-Oscar nominiert.

Chytroscheks Dokumentarfilm „Musik als Waffe“, den er als Mitgesellschafter der in Köln und Hamburg ansässigen kleinen Filmfirma a&o Büro Filmproduktion nach sechsjähriger Vorbereitungszeit für ZDF/arte im Jahr 2010 produziert hat, begleitet den Sesamstraßen-Komponisten Christoph Cerf zu verschiedenen Orten, an denen dessen Kinderlieder zur Folter eingesetzt worden sind. So beispielsweise im US-Gefangenenlager Guantanamo Bay. Dabei begegnet Cerf Opfern und Tätern und setzt sich am Ende auch dem Selbstversuch aus, wie Musik als manipulative Waffe gegen Feinde oder zur Folter von Gefangenen wirkt. Der 52-minütige Streifen wurde am 11. Juli des vergangenen Jahres erstmals in Frankreich und Deutschland ausgestrahlt, seither ist er in 18 Ländern gezeigt worden. In den USA wurde er allerdings nur von dem arabischen Sender Al Jazeera ausgestrahlt. Dennoch löste der Film in der Öffentlichkeit und in den Medien heftige Diskussionen aus, die nicht zuletzt nach der Auszeichnung der deutschen Produktion nun neue Nahrung finden wird. Chytroschek ist dies nach der Preisverleihung aber völlig egal: „Jetzt wird erst einmal gefeiert was das Zeug hält“, so der Preisgekrönte. Am Mittwoch wird er wieder Richtung Heimat fliegen. „Dann wird auch in Deutschland erst einmal richtig gefeiert“, sagt er und freut sich auch, dass seine Mitarbeiter im Hamburger Büro schon Platz für die glänzende Trophäe gemacht haben.