Das Projekt Calwer Passage helfe der Stadt, dem Klimaschutz beim Bauen mehr Gewicht zu verleihen, meint StZ-Autor Jörg Nauke.

Stuttgart - Es ist die Nachricht des Tages: Die Vertreter der Fraktionsgemeinschaft SÖS/Linke-plus, profilgeschärft durch die Ablehnung von S 21, haben im Technikausschuss dem Entwurf des Tiefbahnhof-Architekten Christoph Ingenhoven Beifall gespendet. Es ging aber nicht um den Bonatzbau oder die Glaskuppeln. Der Düsseldorfer hat seine grüne Fassade für den Büro- und Ladenkomplex Calwer Passage vorgestellt, die er mit dem Kollegen Werner Sobek und im Auftrag von Investor Ferdinand Piëch gestaltet.

 

Fassadenwettbewerb im kleinen Kreis

Weniger positiv denken einige Stadträte über das Gebäude, und das muss nicht verwundern. Sie haben den Eindruck, die Ökovariante mit allerlei Buschwerk diene nicht nur dem Lärm- und Klimaschutz, sondern auch dazu, einen unvollständig wirkenden Standardbaukörper zu verhüllen, der nicht an seinen berühmten Vorgänger heranreicht. Ins selbe Horn haben auch Vertreter des Städtebauausschusses geblasen. Es mangelt aber nicht nur an einer direkten Wegebeziehung mit dem Rotebühlplatz, sondern auch an einer Diskussionskultur. In der Tat fand der Fassadenwettbewerb im exquisiten Kreis statt, also ohne städtische Vertreter. So etwas geht eigentlich nicht.

Trotzdem war so viel Begeisterung über ein Projekt selten, was auch an den positiven Begleiterscheinungen liegt: Das Fluxus-System mit den inhabergeführten Läden bleibt erhalten. Und die historische Calwer Passage wird durch die Verlängerung aufgewertet. Der Auftritt hatte zudem einen seitens der Verwaltung erwünschten Nebeneffekt. Die Strabag Real Estate fremdelt bei ihrem Hochhaus im Europaviertel mit dem siegreichen Entwurf eines Architektenwettbewerbs, der den Charakter des benachbarten Weinbergs an der Außenwand aufnimmt. Noch unter dem Eindruck des Ingenhoven-Auftritts forderten die Fraktionen die Stadt auf, auf ausreichend Fassadengrün zu bestehen. Andernfalls kann man sich solche Wettbewerbe sparen.