Der Wasenhocker hat Post bekommen. Traurige Post: Löffel künden von der Vergangenheit des Volksfests. Und er hat eine Mandelbude besucht.

Stuttgart - Man muss schon hartgesotten sein, dass einem bei diesem Bild nicht die Tränen kommen. Doch der Reihe nach: Der Wasenhocker hat Post bekommen. Der Auktionator Gert C. Nagel hat ihm geschrieben und besagtes Foto zugeschickt. Es zeigt „zwei Löffel, deren Laffenspitzen sehr deutlich einseitig abgenutzt sind“. Entdeckt hat Nagel die Löffel aus dem frühen 19. Jahrhundert bei einer Katalogisierung von historischem Besteck. Zunächst dachte er sich nichts dabei. Doch dann fiel ihm die Geschichte des Volksfests ein. Nach dem gewaltigen Ausbruch des Vulkans Tambora auf Indonesien 1815 verdüsterte sich auch über Württemberg der Himmel. Die Asche in der Stratosphäre ließ keine Sonnenstrahlen durch. Es regnete in einem fort, die Ernte faulte, die Menschen hungerten. Tausende starben. Was das mit den Löffeln zu tun hat? Nagel glaubt nicht, dass diese Löffel einfach so unter längerem und einseitigem Gebrauch waren. Er glaubt, diese Löffel sind aus dem Jahr 1816. Wenn man diese Löffel ansehe, sehe man auch „hungerndeKinder, die mit diesen Löffeln verzweifelt auf ihrem leer gegessenen Teller schaben.“

 

30 Jahre auf dem Wasen

Das Volksfest enstand ja aus diesen Hungerjahren. Aus Dankbarkeit, dass die schlimme Zeit vorbei war, stiftete König Wilhelm I. 1818 das Fest. Es sollte zum Vergnügen dienen, und zum Lernen und Verbessern der Landwirtschaft. Auch im Jubiläumsjahr sind diese Wurzeln zu spüren. Sogar unmittelbar. Man kann mal bei der Mandelbrennerei Ries fragen. Dort sind sie nämlich direkt abhängig von den Launen der Natur. Ist es zu trocken, so wie in den letzten Jahren, gibt es weniger Mandeln, steigt für sie der Einkaufspreis. Auch der Kunde muss mehr zahlen. So ist das Geschäft. Das die Familie Ries von der Pike auf gelernt hat. Seit 30 Jahren kommen Hilde und Horst Ries auf den Wasen. Längst zählen die Hessen zum Inventar in Bad Cannstatt. Angefangen hat alles mit einer Schlittenfahrt. Da lernte Hilde den Cousin einer Freundin kennen. Es stellte sich heraus, der junge Mann war Sproß einer Schaustellerfamilie. In der dritten Generation. Der Vater hatte im heimischen Keller ein Kinderkarussell gebaut, das nach dem Krieg im Frankfurter Zoo aufgebaut wurde. Der Neustart. Horst Ries machte sich mit Süßwaren 1962 selbstständig, zwei Jahre später stieß seine Frau hinzu. Bis nach England reisen sie mit ihren Mandelständen. Immer noch unverdrossen. Obwohl hinter Hilde Ries schon ein Räuber her war. Die Einnahmen wollte er ihr abnehmen, sie flüchtete ins Auto, gab Gas und war weg. Danach legte sie sich zwei Rottweiler zu. Auf den Hund gekommen, können sie sich wieder ganz auf Süßes konzentrieren. Ihr Motto: Es liegt was in der Luft, süßer Mandelduft.