Stuttgarts Gründergeist ging dank Daimler und Bosch um die Welt. Deren Erben geben Gas und feiern beim Volksfest im Wasenwirt-Zelt den ersten „Gründerwasen“. Wenn die Wirtschaft schwächelt wie jetzt, werden kreative Start-ups immer stärker.
Mit einer Pizzaknetmaschine und einer Handpresse haben Christoph Lung und Johannes Lutz damit angefangen, auf 30 Quadratmetern daheim „Backe-backe-Brocken“ zu spielen. Vor sechs Jahren waren die Stuttgarter Kumpels von einer Weltreise zurückgekehrt mit der Idee, flüssiges Duschgel und Shampoo mit einer umweltfreundlichen Erfindung ohne Plastikflasche überflüssig zu machen.
Nicht zuletzt dank ihres Auftritts in der TV-Sendung „Die Höhle des Löwens“ und einer Crowdfunding-Kampagne ist ihr intensiv duftender und mehrkantiger Duschbrocken, den keiner mit einer Seife verwechseln sollte, zum Verkaufshit geworden. Und die Geschäftsidee funktioniert noch immer!
Duschbrocken als Vorbild
Beim ersten Gründerwasen im Zelt des Wasenwirts will Duschbrocken-Chef Johannes Lutz am Dienstagabend als „Keynote-Speaker“ mit seiner Firmengeschichte inspirieren. Er macht den versammelten 600 Start-up-Unternehmern Mut, etwas zu wagen und nicht zu früh aufzugeben, wenn es am Anfang noch nicht so recht klappen mag.
„Die meisten Start-ups scheitern in den ersten drei Jahren“, sagt Johannes Ellenberg, ein bekannter Kopf der deutschen Gründerszene, der 2011 den Verein Start-up Stuttgart, gegründet hat. Wer nach drei Jahren noch nicht vom Markt verschwunden ist, berichtet er, hat es in den meisten Fällen – wie die Duschbrocken-Firma – geschafft.
„Starkes Start-up-Netzwerk ist wichtig“
Beim Gründerwasen (unter den Gästen: Volksbank-Vorstandschef Stefan Zeidler) betont Bernhard Grieb, der Wirtschaftsförderer der Stadt, als weiterer Redner, wie wichtig ein starkes Start-up-Netzwerk für die Region ist. Stuttgart sieht er in dieser Hinsicht gut aufgestellt. Helmut Leibner, der Leiter der Gründerbank, preist sein Haus als „verlässlichen Partner“ für Innovationen an und will mithelfen, damit junge Unternehmer in Marktlücken durchstarten können. Und Johannes Ellenberg erweist sich auf der Bühne als wahrer Entertainer.
Ist nicht so leicht, in einem Volksfestzelt Reden zu halten. So etwa die Hälfte der Sätze geht unter. Beim Gründerwasen geht es aber vor allem darum, das Gemeinschaftsgefühl zu steigern und sich gegenseitig anzutreiben. Wenn die wirtschaftliche Gesamtlage eher mäßig ist, wie dies momentan der Fall ist, schlägt die Stunde der Kreativen. Not macht erfinderisch – das Sprichwort bewahrheitet sich mal wieder. Die einen verlassen ein von der Krise getroffenes Unternehmen, stehen auf eigenen Beinen und lassen sich was einfallen. Andere haben gerade das Studium beendet, sind im Alltag auf ein Problem gestoßen, für das sie eine Lösung finden und damit Geld verdienen wollen.
Der Traum von Johannes Ellenberg ist, im nächsten Jahr ein komplettes Zelt allein für den Gründerwasen zu füllen. Die Hürden für Start-ups sind oft noch ziemlich hoch, auch wenn sich in der Stadt nun einiges dank des neuen Wirtschaftsförderers Bernhard Grieb deutlich verbessert habe, sagt Ellenberg. Die lange Dauer bei Baugenehmigungen sei aber immer noch ein großes Problem.
In der Stadt von Daimler und Bosch ist die Gründerszene besonders lebhaft – hier ist geballte wirtschaftliche Kraft daheim, auch wenn die nun krisenbedingt nachlässt. Erfolgreiche Start-ups reißen die anderen mit. Wen wundert’s, dass so viele junge Unternehmer ihr Herz im Neckar Valley verlieren?