Mehr Besucher als erhofft, mehr Verdienst als erhofft, weniger Straftaten als befürchtet. Das Cannstatter Volksfest hat zum 200-Jahr-Jubiläum alle Erwartungen erfüllt. Zufriedene Töne kommen auch von überraschender Seite.

Stuttgart - Die Gäste aus Manchester hatten sich standesgemäß gekleidet. Lederhosen und blau-weiß kleinkarierte Hemden trugen sie für ihren Besuch im Hofbräu-Zelt. Bis in den Norden Englands hat sich also herumgesprochen, wie man in Stuttgart feiert. Die Schotten waren da eigensinniger, sie ließen nicht vom Kilt, aber auch das konnte man bei dem Wetter gut tragen. Einst waren das Exoten, mittlerweile kommen immer mehr Besucher des Volksfests aus dem Ausland. Hofbräu-Wirt Hans-Peter Grandl hat sogar vereinzelt Neuseeländer und Australier gesichtet, weit häufiger begrüßt er mittlerweile aber besagte Engländer und Skaninavier. Beim Kollegen Werner Klauss im Dinkelacker-Zelt mag man es orangefarben, „wir haben dieses Jahr drei größere Gruppen aus den Niederlanden bei uns im Zelt gehabt“, berichtet der Festwirt.

 

Die Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart bestätigt diesen Trend. Franzosen, Italiener, Schweizer kommen immer häufiger – und immer wieder. „Stuttgart hat sich dieses Jahr einmal mehr weltoffen und fröhlich gezeigt“, sagt Andreas Kroll, Chef von in.Stuttgart. Für ihn steht dieses Volksfest in einer Reihe mit der Leichtathletik-WM 1993 und der Fußball-WM 2006. Denn es war ja nicht nur der Rummel auf dem Wasen. Es gab ja auch noch das Historische Volksfest auf dem Schlossplatz und neben dem Volksfest auf dem Wasen das 100. Landwirtschaftliche Hauptfest. Insgesamt besuchten fast fünf Millionen Menschen diese drei Feste. Dröseln wir auf: Aufs Historische Volksfest kamen mehr als 600 000 Menschen, aufs Landwirtschaftliche Hauptfest 210 000 Menschen, und aufs Volksfest werden zum guten Schluss am Sonntag vier Millionen Menschen gekommen sein, eine halbe Million Menschen mehr als erwartet.

Dieses Jahr ist bei den Schaustellern alles anders

Die Gründe dafür? Natürlich das herausragende Wetter , da waren sich alle Beteiligten einig. Aber auch, so befand Klauss, habe man den Rückenwind durch das Jubiläum genutzt. Das Volksfest sei dadurch in aller Munde gewesen, „und das zeigt, mehr Werbung zahlt sich aus“.

Auch Schaustellervertreter Mark Roschmann fand, das Volksfest habe von dem Historischen Volksfest in der Innenstadt enorm profitiert. Das habe die Menschen neugierig und aufmerksam auf das Original gemacht. So hatten nicht einmal die Schausteller etwas zu jammern. Es zählt bekanntlich zu den Eigenheiten des Gewerbes, die Kunst des Bruddelns perfektioniert zu haben. Doch dieses Jahr ist alles anders. „Es war ein überragendes Volksfest“, sagt Roschmann, „wer jetzt noch meckert, muss etwas falsch gemacht haben.“ Und auch Werner Klauss, Sprecher der Festwirte sagte: „Nach zwei Jahren der Stagnation haben wir ein leichtes Plus verzeichnet.“

Polizei wünscht sich mehr Achtsamkeit von den Eltern

Bei so viel eitel Sonnenschein wollte auch Jörg Schiebe, Leiter des zuständigen Polizeireviers Bad Cannstatt und damit auch der Wasenwache, die Laune nicht trüben. „Es war ein tolles Doppeljubiläum mit sehr vielen fröhlichen, friedlichen und gut gelaunten Menschen.“ Ein paar würden leider nicht so gut gelaunt bleiben, wenn sie dann auf der Wasenwache landen. Aber, so die gute Nachricht, das seien weniger als im Vorjahr gewesen. Insgesamt verzeichnete man bisher 669 Anzeigen, im Vorjahr waren es 717. Die Zahl der Körperverletzungen sank von 185 auf 165, die Zahl der gefährlichen Körperverletzungen von 44 auf 39.

Woran das liegt? Einmal daran, dass weniger Komasäufer unterwegs sind, wie das DRK bestätigte. Dann sind mehr Polizei und mehr Ordner auf dem Platz, das sorgt einerseits für mehr Anzeigen wegen Marihuana, aber auch dafür, dass man schneller vor Ort ist. Und zwar bevor aus einem Streit eine Rauferei wird. Dabei hilft, dass die Polizei nun mit 17 statt elf Kameras den Platz beobachte Eines allerdings bereitete Schiebe Sorge: 18 Kinder waren im Gewühl verloren gegangen, alle fanden ihre Eltern wieder. Mehr Achtsamkeit wünscht er sich da von den Eltern. Damit der Volksfest-Besuch wirklich ungetrübt vonstatten geht.