In der Zeit vor dem Volksfest gibt es keine Verschnaufpause für Silvio Döllinger. Er koordiniert den Aufbau von mehreren Zelten auf dem Wasen. Das ist schon mal knapp geworden.

Stuttgart - Der Chef kommt an diesem Morgen später. Silvio Döllinger musste noch mal eben 10 000 Schrauben besorgen. Der 39-Jährige ist verantwortlich für den Aufbau von vier Festzelten auf dem Cannstatter Volksfest - besser bekannt als der Wasen. Rund 12 Wochen vor dem Anstich widmet er sich in Stuttgart dem Großprojekt. „In der Schwabenwelt sind es so um die 5000 Kubikmeter Holz, die wir da reinkarren. Für die anderen drei Zelte brauchen wir ungefähr 160 Lastwagen für den Transport“

 

Ungefähr 15 000 Arbeitsstunden stecken laut Projektleiter Döllinger in einem der großen Festzelte. Er koordiniert Zimmerleute und Schreiner, aber auch Klempner, Elektriker, Dekorateure. Die kilometerlangen Stoffbahnen können schließlich erst an der Decke aufgehängt werden, wenn das Gebälk fertig ist. „Das ist wie ein Uhrwerk. Wir bauen die Box auf und während wir aufbauen, kommt der Elektriker und macht seine Lampen rein, weil das ja alles verkleidet wird.“ Je nach Zelt würden 30 bis 40 Kilometer Kabel verlegt, allein drei Kilometer Datenkabel etwa für die Kassensysteme.

200-300 Aufbauhelfer

Seit 2007 ist Döllinger auf dem Wasen dabei, seit 2014 als Projektleiter. Der gelernte Dachdecker hat auch schon auf der etwas größeren und bekannteren Veranstaltung in München Zelte aufgebaut. Zwei Jahre Oktoberfest-Erfahrung, der 39-Jährige zieht einen Vergleich: „Von den Festzelten ist Wasen schon Champions League - für mich!“, sagt er. „Ich weiß, wie die Zelte in München sind, das sind riesen Holzhallen - du hast Bänke drinnen, Leute, Party, Blaskapelle. Und hier hast du halt wirklich, ich sag schon fast, Restaurant.“

Die Wirte schauten genau aufs Detail, auf der Wiesn sei es nicht ganz so extravagant. Zum Beispiel bei den Bierschenken: „Wenn du in München reinguckst, siehst du nur Edelstahl, hier müssen wir alles mit Holz verkleiden. Alles“, sagt er. „Von den Zelten her haben wir München überholt“, so Döllingers Fazit. Sein Vorgesetzter - ein „eingefleischter Oktoberfest-Mensch“ - hätte am Anfang nicht verstanden, warum Döllinger mehr Zeit und Arbeiter für den Aufbau brauche als die Kollegen in München für größere Zelte. „Bis er es dann gesehen hat.“

Knapp einen Monat vor dem Anstich stehen alle sieben großen Festzelte auf dem Gelände zu größten Teilen. 200 bis 300 Menschen sind nach Angaben des Veranstalters am Aufbau beteiligt, der am 11. Juli begann. Ein Festwirt investiere dafür rund 400 000 bis 500 000 Euro.

Aufwand für die Zelte wird immer größer

Döllinger arbeitet in den Wochen vor dem Wasen auf Hochtouren, eher zwölf Stunden am Tag oder mehr. Für die Wirte ist er bei Bedarf am Feierabend im Einsatz. „Wir sind nicht Berliner Airport oder Stuttgart 21, wir müssen am 27. fertig sein, egal was ist.“ Am 27. September soll um 15.00 Uhr Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann (CDU) in Grandls Hofbräu Zelt das erste Fass Bier des 174. Cannstatter Volksfests anstechen - bis dahin muss sich die riesige Baustelle in Stuttgart in eines der größten Volksfeste Deutschlands verwandelt haben.

In den Zelten, für die Döllinger zuständig ist, habe das bisher immer geklappt. Aber knapp war es durchaus schon. „Im ersten Jahr von der Schwabenwelt, als für uns alles neu war„, erzählt er, „da sind wir wirklich am Tag der Eröffnung hinten mit dem Akkuschrauber raus und die Leute vorne rein.“

Dass der steigende Bierpreis oft das bestimmende Thema ist, ärgert Döllinger ein bisschen. Schließlich werde der Aufwand für die Zelte immer größer, ebenso die Sicherheitsvorkehrungen. Zwischen 10,80 und 10,90 soll die Maß laut Veranstalter in diesem Jahr kosten.

Wenn am 13. Oktober das Volksfest seine Tore schließt, wandern die Bauteile zurück in Lagerhallen und Container. Der Abbau dauere noch mal sechs Wochen, sagt Döllinger. „Wir fangen Montag an mit Bänke-Rausschrauben.“ Bis das allerdings so weit ist, wird sich der Projektleiter jeden Tag auf dem Fest blicken lassen.