Der größte Bauernhof des Landes ist gleich neben dem Volksfest aufgebaut. Der Wasenhocker hat sich auf dem Landwirtschaftlichen Hauptfest umgeschaut und ist in einer fremden, rätselhaften Welt gelandet.

Stuttgart - Sie brauchen ein dickes Fell, diese Mannequins. Der Wasenhocker bewundert ihre Geduld. Während sie herumstolzieren, bewertet der Moderator ihre Figuren. Und das ziemlich eindrücklich, dagegen ist Heidi Klum ein sanftes Lämmchen. Die Hinterwälderin ist „sehr sehr gut ausgeprägt in der Keule“. Die Vorderwälderin hat „viel Rahmen, sehr, sehr gute Beine, und eine Jahresleistung von 5000 Liter Milch“. Der Wasenhocker hat schnell begriffen, dass die Romantik des Landlebens eine besondere ist. Es wird ja gern verbreitet, Stuttgart sei ein Dorf. Schon wahr, Rindviecher und Grasdackel gibt’s auch hier, doch so richtig Landluft können wir nur noch alle vier Jahre schnuppern. Dann wird das Landwirtschaftliche Hauptfest gefeiert, und der Städter kann gleich nebenan den Bauern in sich entdecken.

 

Unter Bauern

Es gibt sie noch. In der Tat. So viel erzählen die Verbände vom Bauernsterben, dass man sich erst gar nicht traut, das Gelände auf dem Wasen zu betreten. Man fürchtet verödete Landstriche, magere Kühe, die sich einsam in den Schlaf muhen, der Wind lässt die Stalltüre knarren, der ausgemergelte Bauer schlürft ein Brotsüpple, und die Maus knabbert am letzten Halm. Doch der Landwirt, er lebt. Zumindest auf dem Wasen. Dort zwängt er sich zu tausenden durch die Zelte und Hallen und macht dem Wasenhocker klar, dass das, was dieser für Schwäbisch hält, ein schwach gefärbtes Hochdeutsch ist.

Bauernschlau

Ohne Bauernschläue geht es nicht. Hilflos steht unsereins da, wenn der Verkäufer für Landtechnik vom „Feingrubber“, dem „Scharhäufler“, dem „Einzelkornsägerät“ und dem „Multiflex-Saatstriegel“ erzählt und drumherum alle wissend nicken. Nicht nur Fachchinesisch auch Englisch sollte können, wer seinen Fuhrpark aufrüsten und „farming for the future“ betreiben will. Und Smartbow, die intelligente Ohrmarke für seine Kühe nutzt. Da übernimmt via Internet der Health Controller „die Wiederkäuüberwachung, der Heatdetektor sorgt für „sichere Brunsterkennung“, der Cow Finder ortet die Kuh in Echtzeit. Und der Entmistungsroboter PriBot fährt selbstständig durch den Stall. Das ändert alles. Dann kann der Wasenhocker nicht mehr lange folgenden Witz erzählen: Ein Ami ist im Allgäu im Urlaub. An einem Bauernhof trifft er einen Knecht und ruft: „Hello Mister!“ Daraufhin der Knecht: „I ben net der Mischter, i ben der Melker!“

Trecker und Co.

Und klar, wenn Buben Maschinen sehen, dürfen Leistungsdaten nicht fehlen. Der gigantische Mähdrescher Lexion hat 626 PS und erntet 80 Stunden Tonnen Getreide in der Stunde. Der Traktor JCB Fastrac 4000 kann acht Tonnen ziehen, auf Wunsch gibt es eine „Autobahn-Zulassung“.

Die Welt ist in Ordnung

Die Tierzelte sind so, wie der Städter sich das Landidyll wünscht. Knopfaugen, Kuschelfell und Strohgeruch. Bei den Pferden spürt man gar einen Hauch von Multikulti. Das Shetland Pony Babsi steht neben dem Araber Hochfein und dem deutschen Kaltblut Elina. Rosstäuscherei? Egal. Der Wasenhocker glaubt daran: Auf dem Land ist die Welt noch in Ordnung. Um sich das Gefühl des Landlebens noch ein bisschen zu erhalten, folgen wir dem Rat eines Plakats: „Hol Dir einen Schlepperklingelton aufs Handy!“ Fortan brummt das Telefon wie ein Trecker.