Die einen müssen raus, die anderen wollen rein: zwischen 16 und 18 Uhr ist, besonders am Wochenende und an Feiertagen, der Wasen übervoll. Der Grund dafür ist der Zeltwechsel. Die Veranstalter suchen nun nach einer Lösung.

Stuttgart - Einen solchen Massenansturm hat das Volksfest selten erlebt: Übervolle Zelte und Fahrgeschäfte lassen zwar die Kassen klingeln, verursachen aber auch Engpässe. Besonders gefährlich war die Situation offenbar im Tunnel zwischen Cannstatter Bahnhof und dem Festgelände. Das berichten Augenzeugen. Die Überfüllung geriet deshalb unversehens zum Thema der Pressekonferenz, auf der der Veranstalter In Stuttgart am Sonntag eigentlich nur eine zufriedenstellende Zwischenbilanz mit bereits 2,5 Millionen Besucher ziehen wollten.

 

Nachdem am Freitag, dem Tag der Deutschen Einheit, der Wasen aus Sicherheitsgründen zeitweise gesperrt werden musste, drohte am Samstagnachmittag wegen Überfüllung erneut die Schließung – und zwar wieder in der kritischen Zeltwechselzeit zwischen 16 und 18 Uhr. Für Marcus Christen, dem Verantwortlichen bei In Stuttgart, steht deshalb fest: „Wir brauchen dringend eine Lösung.“ Christen kann sich vorstellen, dass die Festzeltbesucher über die Feuergassen abgeleitet werden oder die Zeltwechsel versetzt und nicht zur selben Zeit stattfinden. Christen ließ aber keinen Zweifel daran: „Es muss eine andere Regelung her.“

Zu viele Besucher auf dem Festplatz

Schließlich habe man sich als Veranstalter am Freitag während der Schließung des Festplatzes „nicht wohlgefühlt“, räumte Christen ein. Rund zwei Stunden hatten die Veranstalter zwischen 16.30 Uhr und 18.30 Uhr am Feiertag niemanden mehr auf das Gelände gelassen und alle Eingänge dicht gemacht. „Es schoben sich zu dem Zeitpunkt schlichtweg zu viele Menschen über den Platz“, begründete Christen die Schließung. Eine offizielle Zahl gibt es von den Veranstaltern nicht – allerdings ist bekannt, dass zur Volksfestzeit der Wasen mit etwa 95 000 Besuchern sehr gut ausgelastet ist. Schätzungen zufolge tummelten sich am Feiertag zur späten Nachmittagszeit rund 100 000 Volksfestbesucher auf dem gesamten Areal – inklusive der Fläche des Landwirtschaftlichen Hauptfestes (LWH), das bis zum Sonntag parallel zum Volksfest stattgefunden hatte. Durch das Hauptfest ist die Gesamtfläche des Festplatzes um rund ein Drittel verringert.

Außerdem kommt erschwerend hinzu, dass zwischen 16 und 17 Uhr der sogenannte Zeltwechsel stattfindet. Das bedeutet: wer für den Nachmittag einen Tisch reserviert hat, muss in dieser Zeit das Festzelt verlassen, Besucher mit Reservierungen für den Abend strömen dann nach. Dieser Zeltwechsel hat die Kapazität des Festplatzes gesprengt. „Es waren etwa 15 000 Besucher zu viel auf den Festplatzstraßen unterwegs, die normalerweise in den Zelten sind“, sagte Christen. Als weiteren Faktor, der zur Sperrung des Festplatzes führte, nannte er das bunt gemischte Publikum: „Es waren nicht nur die Zeltbesucher, sondern auch viele Familien unterwegs.“ Die Kombination aus Feiertag, Sonnenschein und Landwirtschaftlichem Hauptfest habe zu einem Besucherandrang geführt, dem der Wasen nicht gewachsen gewesen sei.

Krisengespräch zwischen Veranstalter und Polizei

„Der Veranstalter entscheidet letztendlich, wann der Festplatz geschlossen wird“, sagte ein Polizeisprecher. Man habe aber gemeinsam beraten und sei dann zu dem Entschluss gekommen, dass es die einzig richtige Option sei. Kurz nach dem Krisengespräch wurde die Mercedesstraße gesperrt und niemand mehr auf das Gelände gelassen. Die Stadtbahnen fuhren nicht bis zum Wasen, die Fluchttreppe wurde als Ausgang geöffnet.

Dennoch kam es offenbar zu Engpässen. Ein Nadelöhr war wohl der Tunnel zwischen Cannstatter Bahnhof und Festplatz. Mehrere Augenzeugen berichteten, dass die Stimmung bei den Besuchern kurz vor dem Kippen gewesen sei. Polizisten und Sicherheitskräfte hatten den Eingang versperrt, die Besucher stauten sich in dem Tunnel. Dass es zu keinen Verletzungen oder gar einer Massenpanik gekommen ist, sei wohl auch ein bisschen Glück gewesen, berichteten Menschen, die im Tunnel waren. Von schlechter Stimmung oder gar Panik haben die Festwirte allerdings nichts mitbekommen. „Bei uns stand ab 16.30 Uhr das Telefon nicht mehr still, weil die Besucher Angst um ihre Reservierungen hatten“, sagte Daniela Maier vom Göckelesmaier. Werner Klauss vom Dinkelacker-Zelt sah es ähnlich: „Der 3. Oktober ist immer heftig.“