Die fünf Bezirksbeiräte der Innenstadt diskutieren, wo weitere Ladesäulen für Elektrofahrzeuge aufgestellt werden können und halten sich mit Kritik nicht zurück.

Stuttgart - Eine Wahl haben die Bezirksbeiräte nicht. Zumindest nicht, wenn es darum geht, ob sie überhaupt Ladestationen für Elektroautos in ihren Zuständigkeitsbereichen unterbringen möchten. Der Gemeinderat hat sich – trotz der Bedenken aus den Bezirksbeiräten – bereits mehrheitlich für das Car2Go-Projekt von Daimler und EnBW ausgesprochen. Deshalb können auch die Bezirksbeiräte der fünf Innenstadtbezirke in diesen Tagen nur darüber beschließen, welche Standorte sie für die Ladestationen am geeignetsten halten. Kontroversen gibt es dennoch genug. Von mangelnder Vorbereitung seitens der EnBW ist ebenso die Rede wie von einer Verschärfung des Parkplatzproblems in der Innenstadt.

 

Mitte

Seinem Unmut über das Projekt als solches hatte der Bezirksbeirat Mitte zuvor bereits mehrfach Ausdruck verliehen, doch die eigentliche Diskussion über die Standorte verlief sachlich und lösungsorientiert. Mit 21 Ladesäulen und damit 42 wegfallenden Parkplätzen ist Mitte der Bezirk mit den meisten Stellplätzen im Rahmen des Car2Go-Projekts. „Es ist wie immer, wir haben von allem ein bisschen zu viel“, sagte die Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle.

Während es bei den meisten Standorten, etwa an der Theodor-Heuss-Straße und an der Hauptstätter Straße, kaum Gesprächsbedarf im kleinen Sitzungssaal des Rathauses gab, entschied sich der Bezirksbeirat, die drei Vorschläge an der Bolzstraße 6, der Staufenbergstraße 3 und der Stephanstraße 33 allesamt abzulehnen. Die Begründung: Gerade dort seien zu viele Fußgänger unterwegs. Dagegen plädierten die Bezirksbeiräte dafür, an der Planie/Charlottenplatz 17 zwei Ladesäulen aufzustellen – unter der Voraussetzung, dass für die vier zugehörigen Parkplätze keine Behindertenstellplätze wegfallen.

Der CDU-Stadtrat Alexander Kotz zeigte sich nach der Sitzung des Bezirksbeirats Mitte mit dessen Entscheidung unzufrieden. Zwar sei die Vorauswahl der Standorte von der EnBW getroffen worden, dennoch bemängelte Kotz, dass der Bezirksbeirat Mitte sich insbesondere für die Standorte ausgesprochen habe, an denen das Gremium grundsätzlich gar keine Parkplätze wünsche. Kotz sprach sich dafür aus, kritische Standorte vom Gemeinderat beziehungsweise von dessen Umwelt- und Technikausschuss neu bewerten zu lassen. Mit „kritischen Standorten“ meint Kotz gerade auch die öffentlichen Parkplätze in der Nähe des Cafés Planie. Dass der Bezirksbeirat dort keine Stellplätze haben will, bestreitet Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle (Grüne) allerdings aufs Schärfste. „Das ist totaler Quatsch“, sagt Kienzle. Darüber habe es noch nie eine Diskussion gegeben.

Sie könne die Kritik von Kotz in keiner Weise nachvollziehen, zumal die Bezirksbeiräte noch über die Vorauswahl der EnBW hinaus, alternative Standorte für die 21 Ladesäulen aufgezeigt hätten, zum Beispiel in der Schellingstraße nahe den Universitätsgebäuden, sagt Kienzle. Dort muss die EnBW prüfen, ob die Leitungen entsprechend verlegt werden können.

West

In etwa Dreiviertel aller Fälle seien die Planungen von Stadt und EnBW für die Ladestationen in Ordnung, findet Reinhard Möhrle, der Bezirksvorsteher von West. Die restlichen Standorte hat Bezirksbeirat Marc Eichler (Grüne) unter der Annahme überarbeitet, dass die Gehwege nicht zu schmal werden. Außerdem sollen die Stromtankstellen samt Hinweistafeln nicht an Standorte kommen, an denen schon andere Verkehrsschilder stehen.

Auf 13 Standorte hat sich der Bezirksbeirat West mehrheitlich geeinigt. Zwei Ladesäulen sollen beispielsweise in der Reinsburgstraße installiert werden, ebenfalls zwei in der Hasenbergstraße. Auch der Feuersee- und der Hölderlinplatz bekommen jeweils eine Stromzapfsäule. Kritik an der Standortverteilung übte der CDU-Bezirksbeirat Rolf-Peter Kress: „Von der Rosenbergstraße bis zur Kräherwaldstraße und von der Schlossstraße bis zum Königin-Olga-Stift ist nichts.“ Das Gremium beschloss deshalb, eine der Säulen im Bereich des Botnanger Sattels neu planen zu lassen. Gleichwohl haben Grüne und Sozialdemokraten grundsätzliche Bedenken gegen den Beschluss des Gemeinderats angemeldet. Über die Anzahl der Säulen und über das Gesamtkonzept hätte noch einiger Diskussionsbedarf bestanden, so ihre Kritik. Außerdem befürchten sie, dass sich durch die Säulen das ohnehin knappe Parkplatzangebot weiter verringern wird.

Süd

In Süd hat der Bezirksbeirat die Entscheidung über die Standorte trotz Zeitdrucks seitens der Projektpartner auf den 10. Juli vertagt. Die EnBW habe die Diskussion nur ungenügend vorbereitet, noch bestehe viel Diskussionsbedarf, lautete die einhellige Kritik in den vorangegangenen Sitzungen. In ihrer Vorauswahl sollte die EnBW 19 Standorte präsentieren, aus denen die Bezirksbeiräte dann zehn hätten auswählen können.

Tatsächlich machte die EnBW nur neun Vorschläge, von denen einige aufgrund von anstehenden Bau- und Umgestaltungsprojekten gar nicht realisierbar gewesen wären. Die Vorauswahl der EnBW ist aber notwendig, weil nur das Energieunternehmen weiß, ob die Standorte gut ans Energienetz angebunden werden können. Nachdem die EnBW nun nachgearbeitet hat, besteht der Bezirksbeirat auf ausreichend Zeit, um die Vorschläge fraktionsintern zu diskutieren und bei Bedarf noch einmal vor Ort in Augenschein nehmen zu können. Unter Druck setzen lassen, will sich das Gremium nicht. „Car2Go ist ein gutes Projekt, aber man kann ein gutes Projekt auch schlecht vorbereiten“, hielt Rupert Kellermann, der Bezirksvorsteher von Süd mit Kritik nicht hinter dem Berg.

Ost

Der Bezirksbeirat Stuttgart-Ost beschäftigt sich erst in seiner öffentlichen Sitzung am Mittwochabend (27. Juni, 18.30 Uhr, Landesmedienzentrum, Rotenbergstraße 111) mit dem Thema. Im Osten sollen – wie in Süd und Bad Cannstatt auch – zehn Ladesäulen aufgestellt werden. Die EnBW schlägt dafür 14 mögliche Standorte vor. Einen Schwerpunkt bildet dabei das Gebiet rund um den Ostendplatz mit sechs vorgeschlagenen Standorten.

Nord

Auch der Bezirksbeirat Stuttgart-Nord hat über die geplante Ladeinfrastruktur für Elektromobilität abgestimmt. Von Seiten der EnBW wurden 19 Standorte vorgeschlagen, neun sollten am Ende der Sitzung beschlossen sein. Zwar einigte man sich recht schnell auf geeignete Standorte, wie etwa die Feuerbacher Heide, die man als ideal befand, trotzdem blieben bei den Bezirksbeiräten Bedenken bestehen. Diese bezogen sich vor allem auf eine weiteren Zuspitzung der schlechten Parksituation.

„Mit jedem Ladepunkt gehen zwei Parkplätze verloren“, gab etwa der CDU-Bezirksbeirat Hans-Christian Wieder zu bedenken. In den dicht besiedelten Teilen der Landeshauptstadt seien die vorgesehenen neuen Plätze für die Ladestationen ein Problem. Vor allem in der vorgeschlagenen Stresemannstraße sei der Parkdruck enorm, sagte der Bezirksbeirat Ralph Wöhrle (Grüne). Timo Haug von der CDU hingegen erschien die Anzahl der Säulen zu gering, er befürchtet dadurch eine Dauerbelegung der Parkplätze für Elektrofahrzeuge. „Es ist fast schon ein Witz, wie wenige Punkte im Norden sind“, sagte er.