Die Caritas hat eine neue Bleibe gefunden. Von Juli an betreut sie mit einer Nachsorge-Einrichtung ehemalige Suchtabhängige im Leonhardsviertel.

Lokales: Sybille Neth (sne)

S-Mitte - Mit seinen 60 Jahren hat er keine Aussicht mehr auf einen Job. Deshalb ist es für den ehemaligen Alkoholiker Heribert Mühleisen (Name geändert) besonders wichtig, dass er mit anderen Menschen zusammenlebt und sich jederzeit Rat bei den Betreuern holen kann. Mühleisen hatte früher einen Job, hatte eine Familie und ein richtiges Zuhause. Das alles hat er verloren. Danach lebte er auf der Straße, war alkoholabhängig und verlor vollständig den Boden unter den Füßen. Heute rührt Heribert Mühleisen keinen Tropfen mehr an und hat vor einem Jahr in der Gruppe für abstinentes Wohnen, einer Nachsorgeeinrichtung der Caritas in der Silberburgstraße, eine Bleibe gefunden.

 

„Manche Bewohner bleiben nur einen Tag, andere bis zu vier oder fünf Jahre“, berichtet Michael Locher, einer der Sozialpädagogen, die Mühleisen und die anderen Bewohner betreuen. 23 Plätze hat die „Silberburg“, so heißt die Einrichtung bei ihrer Klientel. Es leben dort ausschließlich Menschen mit einer Suchtvergangenheit. Viele haben außerdem noch eine psychische Erkrankung. Doch Ende Juni ist Schluss in der Silberburg, denn zum 1. Juli zieht die mittlerweile 25 Jahre alte Einrichtung in die Katharinenstraße 1 um. „Nicht wegen etwaiger Probleme mit den Nachbarn“, sagt Locher, „sondern weil es mit dem Eigentümer sehr unterschiedliche Vorstellungen über die Obergrenze der Miete gab.“

Günstige Lage in der Katharinenstraße

Die Suche nach einer neuen Bleibe sei nicht einfach gewesen. Die Katharinenstraße 1 habe sich vor allem wegen ihrer Lage angeboten, denn die Caritas betreibt in der Sophienstraße und in der Hauptstätter Straße weitere Einrichtungen für Suchtkranke. Mühleisen gehört zu den Bewohnern, die gewiss in die Katharinenstraße umziehen werden. „Er fühlt sich hier wohl und hat sich stabilisiert, obwohl er sich weiter im Obdachlosenmilieu unter der Paulinenbrücke bewegt“, sagt Britta Schymura, die Mühleisen beim abstinenten Wohnen betreut. Er kam wie viele andere Bewohner der Nachsorge-Wohngemeinschaft durch die Überweisung einer anderen sozialen Beratungsstelle zur Caritas.

Auch nach einer Therapie, einem Entzug oder nach einer Haftstrafe ist das abstinente Wohnen als Anlaufstelle gefragt. Als Zwischenstation versteht sich die Einrichtung auch selbst.

Gebäude muss noch umgebaut werden

Auffallend sei, dass seit kurzem sehr viele junge Menschen zwischen 18 und 25 Jahren kommen, berichtet Schymura. Die meisten Bewohner aber sind zwischen 35 bis 45 Jahr alt. Problematisch sei Mühleisens Altersgruppe ab Ende Fünfzig, denn bei diesen Menschen herrsche große Hoffnungslosigkeit, weil ihnen die berufliche Perspektive fehle, sagt Schymura. Im vergangenen Jahr waren unter den 46 Bewohnern, die in der Silberburg wohnten, gerade zwei Frauen. Jeder Bewohner hat hier ein eigenes Zimmer, dazu soll es in der Katharinenstraße mehrere Gemeinschaftsküchen geben. Diese und die Badezimmer müssen bis zum Sommer noch saniert werden. Außerdem muss das Gebäude nach den Richtlinien des Brandschutzes umgebaut werden.

„Wir werden ein liebevolles Auge auf die Einrichtung werfen“, kündigt Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle an. Kürzlich hatte die Caritas ihre Pläne dem Bezirksbeirat vorgestellt. Annegret Breitenbücher (Grüne) stellte sich angesichts des Standorts die Frage, ob die ehemals Alkohol-und Drogenabhängigen „in dem nicht gerade unproblematischen Leonhardsviertel“ besonders Gefahr laufen, rückfällig zu werden. Für die Caritas-Mitarbeiter stellt sich dieses Problem jedoch nicht. „Alkoholproblemen mussten sie sich auch im Westen stellen“, weiß Locher. Kienzle begrüßt den Einzug der Nachsorgeeinrichtung. Nach dem Kauf des alten Armenhauses durch die Stadt sei dies ein weiterer Schritt auf dem Weg, das Leonhardsviertel wieder zu einem Mischgebiet zu machen.