Arme Einheimische und nach Deutschland Geflüchtete können bei der Suche nach günstigen Wohnungen und guten Jobs in Konkurrenz geraten. Die Kirche macht sich darüber Gedanken und fordert den sozialen Wohnungsbau zu stärken.

Fulda - Der Deutsche Caritasverband (DCV) hat die Politik davor gewarnt, dass Flüchtlinge und arme Einheimische hierzulande auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt in Konkurrenz geraten. Nicht zuletzt durch die Zuwanderung werde sich die ohnehin prekäre Situation auf dem Wohnungsmarkt zuspitzen. Der soziale Wohnungsbau müsse dringend gestärkt werden. „Der ist in den letzten Jahren fast völlig zum Erliegen gekommen“, sagte DCV-Präsident Peter Neher am Mittwoch bei der Herbstvollversammlung der Deutsche Bischofskonferenz in Fulda. Die katholischen Oberhirten befassten sich dort bei ihrem Studientag mit dem Thema Armut.

 

Neher mahnte, dass sich die Konkurrenz von Flüchtlingen und armen Einheimischen auch auf dem Arbeitsmarkt zeige. Im Niedriglohnsektor sei die Konkurrenz erheblich. Es müsse darauf geachtet werden, dass es zu keinem Verdrängungswettbewerb komme. „Das ist eine politische Aufgabe“, das Spannungsverhältnis müsse im Blick behalten werden.

Bei dieser Herausforderung warb Neher auch um Geduld: Die Politik habe Hilfen auf den Weg gebracht, etwa durch das Integrationsgesetz. „Nun müssen wir warten, bis diese Dinge wirken. Wir dürfen auch nicht immer sofort mit der Keule kommen gegenüber der Politik.“

Armut als zentrale Herausforderung

Neher sagte: „Armut und Ausgrenzung sind zentrale Herausforderungen unserer Zeit.“ Millionen Menschen seien auf Hartz IV und Grundsicherung im Alter angewiesen. Als „Hohn“ bezeichnete er es deswegen, dass der Hartz-IV-Regelsatz für Alleinstehende nach einem Beschluss des Bundeskabinetts am Mittwoch in Berlin nur von 404 auf 409 Euro angehoben werden soll. Der Regelbedarf müsse um 60 Euro steigen, forderte der Verband und kritisierte die Berechnungen.

Um das Armutsrisiko in Deutschland zu senken, sagte Neher, müsse bereits im Bildungssystem mehr Chancengleichheit verwirklicht werden. „Politischer Wille ist die alles entscheidende Ressource. Es besteht hoher Handlungsbedarf, will man die Quote der Schulabgänger ohne Schulabschluss weiter verringern.“

Arm trotz Arbeit

Kardinal Rainer Maria Woelki (Köln) richtete den Blick noch weiter und sagte in Fulda: „Die Art und Weise, wie wir hier in Deutschland wirtschaften, konsumieren und produzieren, hat Auswirkungen auf die Lebensmöglichkeiten von Menschen auf dem ganzen Erdball. Wir sind herausgefordert.“ Wichtig im gesellschaftlichen Umgang mit Hilfsbedürftigen sei auch: „Solange Arme nur Hilfeempfänger sind, mit denen niemand etwas zu tun haben will, bleiben sie: Ausgeschlossene.“

Heinz Bude, Professor für Makrosoziologie an der Universität Kassel, sagte, bedenklich sei, dass in Deutschland viele Menschen unter Armut litten, obwohl sie Arbeit hätten. Im Dienstleistungsbereich - etwa Gebäudereiniger, im Transportwesen und der Pflege - hätten viele Arbeitnehmer Probleme, mit ihrem niedrigen Lohn auszukommen. Bei zwölf bis 14 Prozent der Vollzeitbeschäftigten sei dieses Phänomen zu beobachten. Auch in höheren sozialen Schichten sei ein „prekärer Wohlstand“ zu beobachten. Auch dort hätten Menschen in angesehenen, aber nicht sonderlich gut bezahlten Berufen zuweilen Schwierigkeiten, finanziell über die Runden zu kommen.