Carl-Gustav Kalbfell, Sozialbürgermeister in Leinfelden-Echterdingen, muss sich nach seiner Nicht-Wahl in Reutlingen unbequeme Fragen anhören. Von ihm wird spätestens jetzt das gleiche Engagement vor Ort erwartet, wie er es im Wahlkampf in seiner Heimatstadt gezeigt hat.

Leinfelden-Echterdingen - Diese Frage haben sich vermutlich schon viele Menschen in Leinfelden-Echterdingen gestellt. Grünen-Stadträtin Ingrid Grischtschenko hat sie ausgesprochen. „Herr Kalbfell, schreiben Sie demnächst die nächste Bewerbung?“ Und: „Wie stellen Sie sich nun die weitere Zusammenarbeit vor?“, wollte sie am Rande der jüngsten Gemeinderatssitzung von dem amtierenden Sozialbürgermeister von Leinfelden-Echterdingen wissen.

 

Der Anlass ist bekannt: Carl-Gustav Kalbfell hatte im vergangenen halben Jahr gleich zweimal versucht, sich von Leinfelden-Echterdingen wegzubewerben. Beide Male hatte er schlussendlich keinen Erfolg. Im Juni 2018 wollte er in Pforzheim Sozialdezernat werden, diesen Februar den Chefsessel im Rathaus seiner Heimatstadt erklimmen.

Die Bewerbung sei nicht ehrenrührig

Die Bewerbung in Pforzheim war Blödsinn, ist aus Stadtratkreisen zu hören, jene in Reutlingen hätten ihm viele noch nachgesehen. Schließlich ist der 41-Jährige in dieser Stadt geboren und aufgewachsen. Er hat dort sechs Jahre lang für die FDP im Gemeinderat gesessen. „Da ist eine Bewerbung nicht ehrenrührig“, sagt Kalbfell selbst dazu. Zumal er für seinen Wahlkampf Urlaub genommen habe. Diesen „erheblichen Resturlaub“ hätte er so oder so einmal abbauen müssen. Er sei also nicht auf Kosten der Stadt unterwegs gewesen. Das hat der Sozialbürgermeister der Grünen-Fraktionschefin geantwortet.

Seine Kandidatur in Pforzheim war ein Fehler, das sieht der Bürgermeister, der erst im Oktober 2015 sein Amt angetreten hat und für acht Jahre gewählt wurde, mittlerweile selbst so. Er hat auf Nachfrage der Grünen-Fraktionschefin auch erklärt: „Es ist klar, dass mein Platz hier in Leinfelden-Echterdingen ist.“ Diesen Satz aber hätte Grischtschenko gerne von dem Sozialbürgermeister gehört, ohne dass man ihn dazu auffordern muss.

Die meisten Fraktionen sind derzeit unzufrieden mit seiner Arbeit

Als Kalbfell dann noch ausführte, dass er seine Aufgaben gut und motiviert mache, ging ein erhebliches Raunen durch einen Teil des Gremiums. Und tatsächlich sind die meisten Fraktionen derzeit unzufrieden mit Kalbfells Arbeit. Jenes Engagement, dass er in Reutlingen im Wahlkampf an den Tag gelegt hat, das wünscht man sich von dem Beisitzer auch vor Ort. Spätestens jetzt solle er sich wieder auf seine Arbeit in Leinfelden-Echterdingen konzentrieren und dabei auch in die Tiefe gehen. Insbesondere das bürgerliche Lager kann auch nicht verstehen, warum er in Reutlingen auch bei der zweiten Runde der OB-Wahl angetreten ist und damit vermutlich SPD-Mann Thomas Keck ins Amt geholfen hat. Schließlich war die Wahl ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Christian Schneider (CDU) unterlag nur sehr knapp.

Grischtschenko bemängelt, dass Kalbfell in seiner bisherigen Amtszeit in L-E. kaum eigene Ideen eingebracht habe. Seine Überlegung, dass die VHS Leinfelden-Echterdingen mit der VHS Böblingen-Sindelfingen fusionieren könnte, sei dagegen sehr schräg gewesen. „Dem Gemeinderat sei Dank ist es anders gekommen“, erklärt sie.

Kommt jetzt die nächste Bewerbung?

Erich Klauser, SPD-Fraktionschef, sagt: „Wir wollten ihn schon mal auf ein Seminar schicken, wo er lernt, Sitzungen zu halten.“ Eberhard Wächter, Fraktionschef der Freien Wähler, sagt: „Wir hätten auch begrüßt, wenn er sich selbst erklärt hätte. Und: „Wir hoffen nicht, dass eine weitere Bewerbung auf uns zu kommt.“ Denn das sei dann tatsächlich schwierig für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Denn: „Wir wollen Kontinuität im Dezernat haben. Wir brauchen einen guten Sozialbürgermeister.“

Ilona Koch, Fraktionschefin der CDU, sagt: „Kalbfell ist angezählt.“ Auch die Christdemokraten waren über seine zweite Kandidatur innerhalb eines halben Jahres nicht begeistert. Für ihn als Person sei es nach seiner Niederlage in Reutlingen sicherlich auch nicht einfach, in Leinfelden-Echterdingen wieder vorne dran zu stehen. Aber: „Ich weiß nicht, ob es ihm gelingt, uns und auch die Bürger wieder auf seine Seite zu ziehen.“ Auch wenn er nun wieder Engagement an den Tag lege.