Vor 19 Jahren verschwand der spanische Psychiater Carlos Sanchez Ortiz von der Bildfläche. Jetzt haben Pilzsammler im Bergwald der Toskana den heute 46 -Jährigen entdeckt. Das hat ihm gar nicht gefallen.

Der legendäre „letzte Japaner“ wurde 1972 aus dem Dschungel der Pazifikinsel Guam gezogen. Der Soldat Yokoi Shoichi hatte sich 1944 dorthin geflüchtet, als die Amerikaner das Eiland eroberten. Die folgenden 28 Jahre der Weltgeschichte hatte Shoichi in seiner Waldeinsamkeit nicht mehr mitbekommen. In ähnlichen Lebensumständen ist jetzt in Italien so etwas wie der „letzte Spanier“ gefunden worden. Nur, dass Carlos Sanchez Ortiz de Salazar nie in einen äußeren Krieg verwickelt war. Der in seinem Inneren war anscheinend schwer genug.

 

Ortiz, ein sprachbegabter Psychiater mit überdurchschnittlichen Examensnoten, war 1996 aus Sevilla verschwunden; vor fünf Jahren haben ihn die spanischen Behörden für tot erklärt. Ende Oktober nun stießen zwei Pilzsammler auf den heute 46-Jährigen – im Waldgebirge der toskanischen Küste auf Höhe der Insel Elba. Mitten im dichtesten Unterholz entdeckten sie Zelte aus Plastikplanen, Kanister fürs Wasser, Lebensmittelreste – und ihn.

Der Mann hat wohl aus Müllcontainern gelebt

Der genauso überraschte Ortiz ließ seinen verschlissenen Pass fotografieren. Er behauptete, er wohne bereits seit 18 Jahren in diesem Waldstück, und sagte: „Jetzt habt ihr mich entdeckt, jetzt muss ich hier weg.“

Wovon der Mann gelebt hat? Den Überresten nach hat er sich aus Müllcontainern bedient oder ist auf geheimen Pfaden in die Badebuchten hinabgestiegen, um zu holen, was die Gäste so liegen ließen. Fragen kann man Ortiz nicht mehr: Er ist wieder in den Tiefen des Waldes verschwunden. Seine Eltern, die aus Bilbao eingeflogen waren, mussten ergebnislos wieder abziehen. „Aber es ist schön zu wissen, dass er noch lebt“, sagten sie toskanischen Zeitungen.

Warum ist Ortiz untergetaucht?

Aber warum ist Ortiz untergetaucht? Von einer tiefen psychischen Krise zum Studienende erzählten die Eltern, von einer Depression, genau wissen sie es wohl auch nicht. Der äußere Frieden jedenfalls bleibt dem spanischen Einsiedler garantiert. Der zuständige Bürgermeister sagt: „Wir suchen niemanden, wir verfolgen niemanden. Er hat sich schließlich frei für diese Lebensweise entschieden.“