Die Komikerin Carolin Kebekus provoziert gern. Im Interview spricht sie über Kirche, Humor und Anke Engelke als Vorbild. Derzeit ist sie im Kinofilm „Minions“ als Superschurkin zu hören.

Stuttgart – - Wir treffen Carolin Kebekus zum Interview im Keller des Berliner Soho House. Gesessen wird an der Bar, getrunken wird allerdings Kaffee. Was auch passender ist als Schnaps, schließlich geht es um den Zeichentrickfilm „Minions“, in dem die Komikerin ihre bislang größte Synchronrolle spricht. Die nicht ganz jugendfreien Aspekte ihres Humors kommen aber trotzdem zur Sprache.
Frau Kebekus, ausgerechnet die lustigste Frau Deutschlands gibt in „Minions“ nun die Ober-Schurkin Scarlett Overkill. Finden Sie das passend?
Ach, irgendwie schon, auch wenn das jetzt vielleicht komisch klingt. Aber von der Stimme her und der Art und Weise, wie Scarlett Overkill damit spielt, habe ich schon verstanden, wieso man mit dieser Synchron-Rolle zu mir gekommen ist. Und natürlich macht es einfach viel mehr Spaß, einen Bösewicht zu sprechen als eine Prinzessin, die die ganze Zeit nur lieb ist!
Lieb ist ja sowieso nicht so Ihr Ding. Lieber Provokation, richtig?
Naja, Provokation ist natürlich ein Stilmittel, das ich auf der Bühne durchaus mal benutze. Oft wird es einfach dann spannend, wenn man den Konsens ein bisschen verlässt. Aber grundsätzlich laufe ich nicht herum und überlege, wo ich als Nächstes provozieren könnte.
Gibt es Grenzen, die Sie keinesfalls überschreiten würden?
In der Provokation? Ja, in dem Sinne, dass ich niemanden grundlos provozieren würde. Aber Hemmschwellen bei meinen Witzen auf der Bühne habe ich keine. Es gab noch nie ein Thema, von dem ich dachte, dass ich darüber nicht reden kann oder will. Wobei es natürlich die Situation gab, dass das, was ich dann erzählt habe, nicht funktioniert hat. Aber das ist ein anderes Thema.
Sie sind es gewohnt sind, auf der Bühne sagen zu können, was Sie wollen. Das ist es doch sicher beengend, eine Synchronrolle zu übernehmen, bei der alles vorgegeben ist?
Überhaupt nicht. Genau das ist ja das Spannende an dem Job. Man verwandelt sich in eine bestimmte Figur, bei der sich jemand sehr viel Mühe gemacht hat, den Text zu schreiben. Nicht zuletzt auch in der Übersetzung, denn es ist ja total schwer, einen deutschen Text zu finden, der so präzise auf die Lippenbewegungen der Figuren passt. Da kann man natürlich nichts dazu erfinden oder improvisieren, sondern hängt sehr am Skript. Aber das ist auch gut so. Gerade, weil es so anders ist.
Mussten Sie für die „Minions“ eigentlich zu einem Casting?
Ja, ich musste richtig vorsprechen. Und war total aufgeregt. Ich wollte einfach schon immer unbedingt mal die Hauptrolle in einem solchen Animationsfilm sprechen. Ein paar kleinere Sachen dieser Art hatte ich ja schon gemacht. Aber eben nichts von dieser Größenordnung. Ich war in meinem Leben schon bei vielen Castings, und bei den meisten war es mir scheißegal, was daraus wird. Das war dieses Mal anders!
Eine noch spannendere Herausforderung könnte es doch sein, im Kino nicht nur zu hören, sondern auch zu sehen sein, oder?
Klar, Überlegungen dazu gibt es auch immer wieder. Aber ich bin ja wirklich viel auf Tour, außerdem habe ich meine eigene Fernsehshow. Und bislang hat mich noch keine Kino-Geschichte so vom Hocker gehauen, dass ich dafür etwas von den anderen Sachen aufgegeben hätte. Es ist eben tatsächlich leider so, dass viele Geschichten – gerade im komischen Bereich – nicht unbedingt eine Frau als Hauptfigur haben. Die Rollen, die mir bislang meistens angeboten wurden, waren Frauen, die einen Mann suchen, oder Frauen von lustigen Männern. Eine wirklich witzige Geschichte, in der die Frau die Hauptfigur ist, ohne dass sie einen Mann sucht oder ein Minderwertigkeitskomplex dahinter steht – das ist etwas, worauf ich wirklich noch warte.
Worüber haben Sie als Kind gelacht?
Oh, ich habe zusammen mit meiner Oma unglaublich viel Didi Hallervorden, Rudi Carrell und natürlich Otto geschaut. Da haben wir uns kaputt gelacht. Als ich ungefähr 14 oder 15 Jahre alt war, fing auf RTL „Samstag Nacht“ an. Und wenig später dann auf Sat 1 die „Wochenshow“ mit Anke Engelke. Das hat mich wahrscheinlich am meisten geprägt. Anke war für mich die erste Frau in diesem Bereich, die so ganz anders war. Die hat plötzlich eine Tür aufgemacht, von der man gar nicht wusste, dass es sie gibt. Vor ihr wären Mädels in meiner Generation wahrscheinlich gar nicht auf den Gedanken gekommen, dass man beruflich in diese Richtung gehen kann. Dass das für mich auch eine Option ist, wusste ich vorher nicht.
Apropos Mädels: lachen Männer und Frauen über andere Dinge?
Ich habe zumindest das Gefühl, dass die Mädels bei den dreckigen Themen eher dabei sind. Die Jungs fühlen sich da manchmal als würde ihnen etwas weggenommen. So nach dem Motto: jetzt macht die genau die gleichen Witze wie wir. Witze über Penisse? Also jetzt ist wirklich mal Schluss, darüber lacht man nicht. Unterdessen hört man aber schon aus allen Ecken die Mädels lachen.
Kein Geschlechterding, aber auf jeden Fall ein Aufreger war vor zwei Jahren ein kirchenkritisches Video von Ihnen, das vom WDR zensiert wurde . . .
Es gab in dem Jahr einfach total viele Dinge innerhalb der katholischen Kirche, die sich anboten, zu einer bösen Satire verarbeitet zu werden. Ich habe auch die starke Vermutung, dass das jemand anderes gemacht hätte, wenn ich es nicht gewesen wäre. Jan Böhmermann zum Beispiel. Wobei: es ist keine neue Erfindung, die Kirche zu provozieren. Madonna hat Videos gemacht, die diesbezüglich deutlich härter waren.
Gab es damals eigentlich eine offizielle Reaktion der Kirche?
Nein, warum auch? Das Einzige, was ich mit bekommen habe, war die Aussage eines Pfarrers. Der sagte irgendwo, dass Jesus so viel durchgemacht habe, dass es ihm sicher egal sei, dass jetzt auch noch die Kebekus an ihm leckt.
In jedem Fall dürften dieses Video sowie Ihre Helene Fischer-Parodie vermutlich die beiden Auftritte sein, auf die Sie am häufigsten angesprochen werden, oder?
Was wahrscheinlich auch logisch ist. Hat ja beides nun einmal sehr viel Aufmerksamkeit erregt. Wobei ich bei dem Helene Fischer-Ding gar nicht damit gerechnet hatte, dass das so ein Ereignis wird. Ich bin damals davon ausgegangen, dass es im Internet schon längst Millionen von Parodien gibt. Dass das wirklich eine solche Gotteslästerung ist, wusste ich wirklich nicht.