Immer mehr Agenturen suchen auf Instagram nach neuen Gesichtern. Eines der bekanntesten Beispiele dafür ist Caroline Daur. Mittlerweile läuft die 22-jährige Studentin für Dolce & Gabbana über den Laufsteg und modelt für Calzedonia, Dior und Cartier.

Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Stuttgart - Es ist völlig egal, wo man wohnt: In den vergangenen Tagen und Wochen dürfte fast jeder irgendwo diese Frau mit dem blonden Haarschopf, den blauen Augen, und dem schlanken Körper im schwarzen Body und in Netzstrumpfhosen gesehen haben. Die Rede ist von Caroline Daur, der Protagonistin der derzeitigen Werbekampagne des italienischen Strumpf- und Wäscheunternehmen Calzedonia. Ungewöhnlich daran ist, dass die junge Frau weder Model im herkömmlichen Sinne, noch Filmstar oder Musikerin ist. Dafür hat Caroline Daur (22) vor kurzem die Eine-Million-Abonnenten-Marke auf Instagram geknackt.

 

Seit drei Jahren postet die Hamburger Studentin Bilder von sich auf der Fotoplattform. Üblicherweise sieht man sie dabei, wie sie Sport macht, was sie isst und wohin sie verreist. Die Ursache, warum sie sich von den Millionen anderen Frauen abhebt, die ebenfalls auf Instagram aktiv sind, liegt in ihrem außergewöhnlich schönen Äußeren begründet und in der Hochwertigkeit der Fotos.

Instagram- und Youtube-Stars modeln für Dolce & Gabbana

Mittlerweile hat Caroline Daur knapp eine Million Fans auf Instagram, dazu kommen weitere Abonnenten auf Snapchat, Facebook und Leser ihres Blogs. Ihre Beliebtheit im Internet haben längst auch Unternehmen entdeckt. Calzedonia, Dior, Cartier oder die Shampoomarke Bedhead sind nur einige der großen Namen, für die Daur als Markenbotschafterin arbeitet.

Den bisher größten Erfolg hatte Daur Ende Februar: Mit mehreren anderen jungen Menschen, die man von Youtube, Blogs oder Instagram kennt, feierte sie bei der Modenschau von Dolce & Gabbana in Mailand ihr Laufstegdebüt. An der Seite von YouTube-Star Cameron Dallas, Rapper Tinie Tempah, Jude Laws Sohn Rafferty und der Germany’s Next Topmodel-Gewinnerin Stefanie Giesinger präsentierte sie die Herbstkollektion 2017.

Marc Jacobs, Karl Lagerfeld und Guess suchen per Instagram nach Models

Der Luxusmarke Dolce & Gabbana ist damit ein kluger Schachzug gelungen. Plötzlich erscheint die Marke als hip und jung, die üblicherweise von den meisten Menschen als uninteressant, da zu teuer, wahrgenommen wird. Caroline Daur hat nach der Modenschau in Mailand insgesamt acht Fotos sowie ein Video auf Instagram hochgeladen. Man kann davon ausgehen, dass viele ihrer größtenteils weiblichen Abonnenten anschließend gesucht haben, wo es dieses schöne, schwarz-goldene Kleid zu kaufen gibt und ob die schwarzen Riemchensandalen vielleicht doch irgendwie bezahlbar sind. Dafür haben sie sich durch den Online-Shop von Dolce & Gabbana geklickt.

Immer mehr Firmen und Modelagenturen setzen bewusst auf Instagram. So rief die Modelagentur IMG, bei der beispielsweise auch Gisele Bündchen unter Vertrag steht, im Januar dieses Jahres zum globalen Selfie-Machen auf. Angehende Models konnten ihre Bilder mit dem Hashtag #wlyg (We love your genes, also: Wir lieben deine Gene) markieren, während die Modelagentur gezielt nach diesem Hashtag suchte. Und auch Marc Jacobs, Karl Lagerfeld und die Klamottenmarke Guess kamen per Hashtag zu neuen Kampagnengesichtern.

Per Selfie und Hashtag zur großen Karriere

Im Modegeschäft kann es sich heutzutage kaum mehr jemand leiten, das soziale Netzwerk nicht zu nutzen. „Bei uns läuft mittlerweile rund 20 Prozent der Suche nach neuen Gesichtern über Instagram“, sagt Vanessa von Minckwitz-Denz, die Direktorin der Münchner Modelagentur Louisa Models. Vor rund einem Jahr habe die Agentur den Hashtag #lomoface ins Leben gerufen. Mit diesem Hashtag können junge Frauen und Männer, die eine Karriere als Model anstreben, ihre Fotos markieren. Mittlerweile habe die Agentur mehr als zehn Frauen über Instagram gecastet, sagt von Minckwitz-Denz. „Wir haben einen Social-Media-Manager, der täglich nach Fotos sucht, die mit unserem Hashtag markiert sind.“

Die Direktorin der Agentur sieht in der Suche über Instagram Vorteile auf beiden Seiten: „Erfahrungsgemäß sind einige tolle Models am Anfang eher schüchtern. Für sie ist die Hemmschwelle deutlich geringer, mal ein Foto auf Instagram mit einem Hashtag zu versehen, anstatt sich klassisch zu bewerben.“ Denn wenn sich auf ein Foto mit Hashtag niemand melde, sei die Enttäuschung für die jungen Frauen geringer, als wenn auf eine umfassende Bewerbung eine Absage folge, sagt von Minckwitz-Denz.

Auch die Agentur selbst profitiere von dieser neuen Art der Suche: „Zwar landet bei unserem Social-Media-Manager auch vieles, was nicht adäquat ist. Aber zugleich haben wir die Möglichkeit, vorher auszusortieren, wenn wir mehrere Fotos einer Person auf deren Instagramaccount sehen können.“ Außerdem hätte die Agentur durch die Fotoplattform vermehrt die Möglichkeit, international zu casten.

Stuttgarter Modemacher sieht die Entwicklung kritisch

Der Stuttgarter Modemacher Horst Wanschura beobachtet die wachsende Rolle von Instagram kritisch: „Einerseits profitieren Models, Agenturen und Modemacher von der schnellen Reichweite“, sagt er. Jeder könne sich selbst einfach und effektiv vermarkten. Jedoch gebe es auch Schattenseite dieser Entwicklung. So würden zum Beispiel viele Menschen nur noch in Modegeschäfte gehen, um verschiedene Klamotten anzuprobieren und anschließend das Foto auf Instagram zu posten: „Außer einem Bild für das Internet nehmen diese Menschen nichts aus den Läden mit“, sagt Wanschura.

Für Instagramstars wie Caroline Daur sind solche Spielchen längst kein Thema mehr. Wer eine derart hohe Anzahl an Abonnenten in sozialen Netzwerken hat, bekommt von Firmen in der Regel Kleider, Schuhe und Beauty-Artikel kostenfrei zugeschickt. Dahinter steckt die Hoffnung, dass die Internetstars die Produkte auf ihren Fotos und Videos tragen, den Hersteller verlinken – und dadurch zahlreiche potenzielle neue Kunden auf die Marke aufmerksam werden.