Die weltgrößte Mitfahrzentrale Bla Bla Car übernimmt ihren wichtigsten deutschen Konkurrenten Carpooling, der die Internetplattform mitfahrgelegenheit.de betreibt.

Wissen/Gesundheit: Werner Ludwig (lud)

Stuttgart - Als die Carpooling GmbH vor zwei Jahren auf ihrem Internetportal mitfahrgelegenheit.de eine Vermittlungsprovision einführte, löste das einen gewaltigen Shitstorm aus. Der deutschen Tochter des französischen Wettbewerbers Bla Bla Car bescherte das viele neue Anhänger, denn ihr Angebot ist für Fahrer und Mitfahrer kostenfrei. Künftig wollen die Konkurrenten gemeinsam um Kunden werben. Wie beide Unternehmen am Mittwoch mitteilten, übernimmt Bla Bla Car für einen nicht genannten Preis 100 Prozent der Anteile von Carpooling sowie die 50 Mitarbeiter am Münchener Firmensitz. Zu den bisherigen Eigentümern von Carpooling gehört auch der Daimler-Konzern, der vor drei Jahren als Minderheitsgesellschafter eingestiegen war. Unbestätigten Berichten zufolge investierte der Stuttgarter Autobauer seinerzeit acht Millionen Euro in das Start-up, das auch die Internetplattform mitfahrzentrale.de betreibt.

 

Für die deutschen Nutzer der einzelnen Interneportale soll sich zunächst nichts ändern. Das über Werbung finanzierte Gratisangebot von Bla Bla Car und das Provisionsmodell von Carpooling laufen zunächst parallel. „Ziel ist aber, unsere Angebote auf der Plattform blablacar.de zusammenzuführen“, sagte ein Sprecher von Bla Bla Car. Dieser Prozess solle binnen sechs bis zwölf Monaten beendet sein. Ein einheitlicher Auftritt erspare Fahrern und Mitfahrern die Mühe, Angebote mehrfach ins Netz zu stellen, argumentiert das Unternehmen. Inwiefern auch bei Bla Bla Car Gebühren anfallen werden, wollte der Sprecher nicht sagen. „Es wäre aber unlauter zu behaupten, dass das Angebot auf ewig kostenlos bleiben wird.“ Schließlich müssten Mitarbeiter, IT-Systeme und Büroräume bezahlt werden.

Aktuell stünden aber nicht zusätzliche Einnahmen im Fokus, sondern die Integration der Unternehmen und weiteres Wachstum in Deutschland, betonte der Sprecher. Das dafür nötige Finanzpolster dürfte vorhanden sein: Die jüngste, im Juli 2014 abgeschlossene Finanzierungsrunde hat den Franzosen mehr als 100 Millionen Dollar eingebracht. In anderen Ländern verlangt Bla Bla Car – mit gut 20 Millionen Mitgliedern die weltweite Nummer eins – bereits Gebühren für seine Dienste. So müssen Mitfahrer auf den wichtigen Märkten Frankreich und Spanien je nach Buchungszeitpunkt zwischen fünf und maximal zwölf Prozent des mit dem Fahrer ausgehandelten Preises als Provision zahlen. Bei mitfahrgelegenheit.de ist es umgekehrt: hier werden die Fahrer mit elf Prozent ihrer Einnahmen zur Kasse gebeten. Welches Finanzierungsmodell zum Einsatz komme, werde für jeden Markt individuell entschieden, heißt es bei Bla Bla Car.

Das Zusammenrücken der Mitfahrzentralen hängt nach Ansicht von Christoph Flath auch mit dem verschärften Konkurrenzkampf im Mobilitätssektor zusammen – etwa durch den Boom der Fernbuslinien. „Der Wettbewerb um Kunden ist härter als je zuvor“, sagt der Inhaber der Juniorprofessur für Operations Management an der Universität Würzburg. Die Mitfahrportale hätten da keinen leichten Stand, zumal ihr Anteil am gesamten Verkehrsaufkommen sehr gering sei, meint Flath. Insofern sei es logisch, größere Einheiten zu bilden. „Eigentlich gibt es keinen Grund, warum es mehr als eine Mitfahrplattform geben sollte“, sagt der Wissenschaftler. Der Aufwand für IT und  Datenmanagement steige mit wachsender Kundenzahl kaum. Ein größerer Anbieter könne daher ein besseres Angebot zu niedrigeren Gebühren realisieren. Auch (Mit-)Fahrten mit Umsteigemöglichkeiten ließen sich dann einfacher vermitteln.

Nach dem Ausstieg bei Carpooling will Daimler Bla Bla Car als Partner gewinnen. Die Angebote des Mitfahrvermittlers sollen auf der Daimler-Mobilitätsplattform moovel.de auftauchen, über die man auch Bahnfahrten oder Mietautos buchen kann. „Das Thema Mitfahren wird an Bedeutung gewinnen, zumal es auch der Umwelt nützt“, sagte ein Daimler-Sprecher. Um davon zu profitieren, sei aber keine Kapitalbeteiligung an einer Mitfahrzentrale nötig.