In der Region Stuttgart wächst die Nachfrage nach Carsharing-Angeboten stark an. In kleineren Kommunen hingegen gibt es kaum Angebote - der Aufwand lohnt sich nicht.

Strohgäu - Ein Auto kostet viel Geld, es muss betankt und versichert werden, und einen häufig teuren Stellplatz braucht es auch. Vor allem für Jüngere in Städten ist ein eigenes Auto oft nicht mehr erstrebenswert. Um flexibel und mobil zu sein, greifen viele trotzdem ab und an auf ein Auto zurück – immer häufiger nicht ein eigenes, sondern ein Carsharing-Angebot. Anfang 2016 waren laut dem Bundesverband Carsharing (bcs) in Deutschland 1,26 Millionen Menschen als Nutzer registriert, ein knappes Fünftel mehr als 2015. In der Region Stuttgart sind Stadtmobil und Car2Go mit je rund 500 Fahrzeugen die größten Anbieter. Jährlich, sagt Edgar Augel, der bei Stadtmobil für das Marketing zuständig ist, steige die Nachfrage in der Region um 20 bis 25 Prozent. Das Niveau sei jedoch noch vergleichsweise niedrig.

 

In den Kreisen Ludwigsburg, Esslingen, Rems-Murr und Böblingen ist Stadtmobil vertreten, bis zu 15 000 Buchungen pro Monat verzeichnet der Anbieter hier. Während es in einigen Städten – etwa Tamm oder Freiberg – noch kein Angebot gibt, hapert es in Ludwigsburg und Esslingen nicht an der Nachfrage, sondern an Stellplätzen. Die 23 Autos in Ludwigsburg würde Stadtmobil eigentlich gern aufstocken.

Ditzingen schafft das dritte Auto an

In Ditzingen stehen seit 2012 zwei Autos am Bahnhof, ein dritter Wagen ist einsatzbereit, muss aber wegen der Bauarbeiten am Bahnhof noch auf seinen designierten Stellplatz warten. „Das war zwingend“, sagt Roland Harsch vom Verein über die Erweiterung – die Autos seien „voll ausgelastet“. 54 Personen nutzten die Autos, viele kommen laut Harsch von außerhalb.

In Gerlingen gibt es zwei Stadtmobil-Autos, 44 Personen nutzen diese. Im Mai 2014 wurde das erste nahe der Stadtbahn-Endhaltestelle aufgestellt, wenige Monate später folgte ein zweiter Wagen. Die nächsten Stationen in Stuttgart-Giebel sind nicht weit. „Wir waren im Gespräch über ein drittes Fahrzeug, momentan ist aber kein Ausbau geplant“, sagt Karsten Seidl vom Verein. Gerlingen ist der einzige Standort im Strohgäu, wo auch die Elektroautos von Car2Go genutzt werden können.

In Korntal-Münchingen teilen sich 61 Nutzer die beiden Stadtmobil-Autos, die seit 2013 am Korntaler Bahnhof stehen. Überlegungen, ein weiteres Auto anzuschaffen, gibt es laut Thomas Schembera vom Verein zurzeit keine. Die Autos seien nur durchschnittlich ausgelastet, die Nachfrage stagniere. In Münchingen habe man versucht, für ein eigenes Auto zu werben, weil aber die Resonanz „viel zu gering“ gewesen sei, liegt diese Idee nun auf Eis.

Sinnvoll ab 20 000 Einwohnern – und bei guter Anbindung

In Hemmingen gibt es kein Carsharing-Angebot. Der Bürgermeister Thomas Schäfer wäre diesem gegenüber aber „sehr aufgeschlossen“. In das klassische Beuteschema der Anbieter fällt der Ort mit seinen rund 7300 Einwohnern jedoch nicht. Vor allem innenstadtnahe, hochverdichtete Viertel sind für die Anbieter laut dem bcs attraktiv. „Viele Gemeinden fragen nach, aber es bringt nichts, einfach ein Auto aufzustellen, wenn sich niemand darum kümmert“, sagt Augel von Stadtmobil. Dort geht man davon aus, dass ein Standort erst ab 20 000 Einwohnern sinnvoll ist – oder wenn es einen S-Bahn-Anschluss oder einen anderen Verkehrsknotenpunkt gibt.

In den Randgebieten schieße Stadtmobil noch zu, sagt Karsten Seidl – umso wichtiger sei Werbung. Darum kümmern sich Ehrenamtliche wie Seidl, Harsch und Schembera; sie bieten Info-Stände und Sprechstunden an. Seidl spricht von einem „zähen Geschäft“. Potenzielle Nutzer sind vor allem junge Menschen, die sich kein eigenes Auto leisten können oder wollen. Für andere sind die Autos ein Zweitwagen. Die Art der Nutzung ist unterschiedlich; während Car2Go-Fahrzeuge häufig für kurze Strecken – etwa zum Einkaufen – gebucht werden, fahren viele mit den Stadtmobil-Autos auch weiter weg.

Die Nutzung von Carsharing-Angeboten gilt als umweltfreundlich, auch das Umweltbundesamt propagiert entsprechende Angebote deshalb. Stadtmobil setzt erklärtermaßen auf eine Ergänzung von Carsharing und öffentlichem Nahverkehr. Studien aus dem Jahr 2014 sehen das kritischer: Die Beratungsfirma Civity kam zu dem Ergebnis, dass Carsharing umweltfreundliche Verkehrsmittel verdränge und zu mehr Verkehr führe. Laut einer weiteren Studie, dem Mobility Compass 2014, werden wegen Carsharing öffentliche Nahverkehrsmittel ein Fünftel weniger genutzt.