Mariss Jansons hat mit dem Sinfonieorchester des Bayerischen Rundfunks Bruckners Neunte eingespielt.

Lokales: Hans Jörg Wangner (hwe)

Stuttgart - Wenn ein Dirigent wie Mariss Jansons mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks Bruckners Neunte einspielt, dann kommen einem unwillkürlich zwei Bruckner-Giganten des 20. Jahrhunderts in den Sinn: Jewgeni Mrawinski (dessen Assistent Jansons bei den Leningrader Philharmonikern war) und Eugen Jochum (der das BR-SO 1949 gründete und zu einem führenden Orchester in Deutschland aufbaute).

 

Die beiden Altmeister hatten nicht nur fast die gleichen Lebensdaten (Mrawinski lebte von 1903 bis 1988, Jochum vom 1902 bis 1987), sondern ihre Bruckner-Deutungen einte auch auch ein dynamischer Druck, eine pulsierende Energie, die sich nicht zuletzt auch in zügigen Tempi niederschlug – was den ausladenden Sinfonien durchaus gut tat.

Der 76-jährige Mariss Jansons macht es anders: Selbst wo in der Partitur „Bewegt, lebhaft“ steht oder gar „Schnell“, ist der Lette eher bedächtig unterwegs, ja, er nimmt an manchen Stellen des Scherzos sogar noch das Tempo raus. Doch natürlich ist Geschwindigkeit auch in der Musik keine Hexerei, denn auf der anderen Seite überzeugt Jansons mit einer in sich stimmigen Architektur. Sein vielschichtiges Klangbild ist (auch aufnahmetechnisch) auf der Höhe der Zeit. Da lohnt es sich, auf die Details zu hören, die der Dirigent mit seinem hellwachen Orchester herausarbeitet.

Und wenn zum Schluss über dem ostinaten h’-e’-fis’-h der Streicher die Wagnertuben ihren E-Dur-Choral singen, ist es eh wie im Himmel. Der alte Bruckner, der das Werk „dem lieben Gott“ widmete, hätte seine Freude daran gehabt.