Wachablösung bei der CDU im Kreis: Der Bundestagsabgeordnete Klaus Riegert unterlag bei der neuerlichen Kandidatenkür seinem Herausforderer Hermann Färber klar.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Bad Überkingen - Es waren die kleinen Dinge, die einem am Freitagabend Hinweise auf den späteren Wahlausgang geben sollten. Nach den jeweils 20-minütigen Vorstellungsreden der beiden CDU-Bewerber um das Göppinger Bundestagsdirektmandat, hielt der Beifall bei Hermann Färber genau 13 Sekunden länger an als bei Klaus Riegert. Und als die Wahl vollzogen war, die Stimmen aber noch ausgezählt wurden, zeigte sich in den Gesprächsrunden der Mitglieder, draußen vor der Tür und drinnen in der Bad Überkinger Autalhalle, dass der Auftritt des 49 Jahre alten Landwirts aus Böhmenkirch angenehm überrascht, der des 52-Jährigen Abgeordneten aus Süßen enttäuscht hatte.

 

Hocherfreut hatte die CDU-Kreisvorsitzende Nicole Razavi, angesichts der mehr als 500 Anwesenden, die Mitgliederversammlung mit halbstündiger Verspätung eröffnet und klargemacht, „dass wir, ganz gleich mit welchem Kandidaten, das Direktmandat verteidigen wollen“. Und nach einer Reihe von Formalien und Delegiertenwahlen durfte dann, dem Alphabet folgend, Hermann Färber als Erster ran. Der Vorsitzende des Kreisbauernverbandes beantwortete die Frage, die ihm zuletzt immer wieder gestellt worden war, weshalb er – nach einem Gastspiel im Kreistag – in die große Politik wolle: „Schimpfen allein bringt uns nicht weiter, mitmachen ist angesagt.“ Seine Frau Irene, seine fünf Kinder und sein katholischer Glaube seien sein Fundament, auf das er auch im Falle seiner Wahl bauen könne.

Politische Themen auf den Kreis zugespitzt

Färber verstand es, alle politischen Themen, die er ins Gespräch brachte, auf den Landkreis herunterzubrechen, präsentierte sich bodenständig und heimatverbunden. „Ich sage, was ich denke, und tue, was ich sage“, betonte er. Als Abgeordneter wolle er Beauftragter sein und nicht der Chef.

Klaus Riegert verwies dagegen auf seine Erfolge und sein über die Jahre aufgebautes Netzwerk, darauf, dass er bei den Bundestagswahlen persönlich stets mehr Stimmen errungen habe, als die Partei, und auf seine direkten Drähte in die Fraktion und in die Ministerien. Nach der Scheidung von seiner ersten Frau und einer persönlichen Krise „bin ich nach der Hochzeit mit meiner geliebten Dagmar wieder voll da“, versicherte er der Versammlung und teilte wie zum Beweis in Richtung Grün-Rot aus.

Die CDU-Mitglieder schien er davon jedoch nicht überzeugen zu können, und so fiel die Wahl mit 305 zu 198 Stimmen mehr als deutlich zu Färbers Gunsten aus. Von dem eindeutigen Ergebnis zeigte sich der Sieger sehr bewegt. „So klar hatte ich das niemals erwartet. Ich finde keine Worte und bin nur glücklich“, sagte er leise, vergaß danach aber nicht, an die Geschlossenheit der Partei zu appellieren. Klaus Riegert saß währenddessen mit versteinerter Miene auf seinem Stuhl: „Ich bin im Moment schockiert und absolut enttäuscht“, stammelte er und schien den Tränen nahe.

Riegert-Anhänger sprechen vo„Feldzug“

Frustrierte Riegert-Anhänger machten ihrem Ärger hingegen hinter vorgehaltener Hand Luft. Der eine sprach von einem „gezielten Manöver“ und von „Strippenziehern, die im oberen Filstal, in Geislingen und im Lautertal sitzen“, der andere von einem „Feldzug, den konservative Kräfte in unserer Partei angezettelt haben“.

Riegert selbst hielt sich in dieser Hinsicht am Tag nach der Niederlage bedeckt: „Ich kann mir nur vorstellen, dass meine persönlichen Umstände ausschlaggebend waren.“ Eine außergewöhnliche politische Kritik habe es jedenfalls nicht gegeben. „Wenn ich zu sozial bin für die CDU, dann kann ich nichts dagegen machen“, erklärte er gegenüber der StZ. Er habe alles getan, was er habe tun können, und werde nun bis zum Ende der Legislaturperiode seinen Verpflichtungen nachkommen. „Mich schmeißt das Ergebnis nicht um, weil ich denke, dass der liebe Gott etwas anders mit mir vorhat“, sagte er.