Auch wenn am Ende eine überwältigende Mehrheit für den Koalitionsvertrag stimmt: So richtig froh ist kaum ein CDU-Mitglied des Kreisverbands Ludwigsburg über das Zweckbündnis mit den Grünen.

Murr - Der CDU-Landeschef Thomas Strobl hatte sicher schon einfachere Auftritte als dieser Tage. Derzeit zieht er von Kreisparteitag zu Kreisparteitag, um bei den Mitgliedern an der Basis für die kommende grün-schwarze Koalition zu werben. Die Zeit drängt: Am 12. Mai soll der alte und neue Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) gewählt und die Landesregierung gebildet werden. Zu diesem Zweck findet an diesem Freitag in Ludwigsburg der Landesparteitag statt, wo sich die CDU-Mitglieder für den Eintritt in die Koalition mit dem ungeliebten Partner aussprechen sollen.

 

Davor legte Strobl einen Kreisparteitag-Marathon hin: Am Montag Esslingen und Konstanz, am Dienstag Freiburg, am Mittwoch Sitzung von Landesvorstand und Präsidium in Stuttgart. Für den Donnerstag stand im Online-Terminplan Strobls: „An diesem Tag findet keine Veranstaltung statt.“ Gar keine? Nicht ganz, denn quasi auf den letzten Drücker, am Donnerstagabend, kamen die CDUler aus dem Kreis Ludwigsburg im Rathaus in Murr zusammen, um über die Zweckehe zu beraten. Das „C“ der CDU steckt schließlich auch in Christi Himmelfahrt. Einige der knapp 150 Anwesenden mussten wohl ihren Vatertagsausflug frühzeitig beenden, um sich von Thomas Strobl erklären zu lassen, warum Winfried Kretschmann in Zukunft auch ihr Landesvater sein soll. „Wohl wissend, dass dieser Termin äußerst unglücklich ist, haben wir uns dennoch als letzte Alternative auf den Feiertag verständigt“, entschuldigte sich der Kreisvorsitzende Rainer Wieland schon in der Einladung. Und am Donnerstag dafür, dass es wegen des Feiertags nur Brezeln gebe.

Am Feiertag gibts nur Brezeln

Eine nicht repräsentative Umfrage vor dem offiziellen Beginn der Veranstaltung ergab: Viele sind nicht glücklich mit dem, was da kommen soll. „Der Wunschpartner ist es bestimmt nicht“, sagt Daniel Scheuermann, der Vorsitzende des Kreisverbands der Jungen Union. Viele versuchen, der Koalition das Positive abzugewinnen: Immerhin sei man wieder an der Regierung. Doch so mancher traut den Grünen nicht über den Weg – oder ihnen gar nichts zu: „Ohne Kretschmann wären die Grünen verloren“, sagt ein langjähriges Mitglied, das nicht genannt werden, sich deswegen mit seiner Meinung aber nicht zurückhalten will. So kann sich der Mann auch Häme nicht verkneifen, dass der grüne Landwirtschaftsminister Alexander Bonde wegen einer Affäre auf einen Ministerposten verzichtet. „Wir sind froh um jeden, der geht“, kommentiert der Mann trocken.

Sieht so also der Umgang zwischen den Koalitionspartnern in den kommenden fünf Jahren aus? Mitnichten. Von offizieller Seite kommen wesentlich konziliantere Töne: „Die Ausgangssituation war nicht die einfachste“, sagt etwa Fabian Gramling, der neue CDU-Landtagsabgeordnete aus Bietigheim-Bissingen. Die „schwarze Handschrift“ sei im Koalitionsvertrag erkennbar. Um als Juniorpartner nicht aufgerieben zu werden wie die SPD in den vergangenen fünf Jahren, müsse es der CDU gelingen, ihre Inhalte auch mit den Köpfen in Verbindung zu bringen.

Das große Scherbengericht bleibt aus

Um einen Kopf geht es besonders: den von Guido Wolf. Die Frage ist, ob die CDU ihn als Fraktionschef haben will, nachdem er die Wahl aus ihrer Sicht versemmelt hat. In der Basis wie unter Abgeordneten macht sich Unzufriedenheit breit. Es heißt, es würden sich andere CDU-Granden für den Posten warmlaufen, etwa der Exminister Willi Stächele. Das große Scherbengericht mit dem Wahlverlierer bleibt in Murr aber aus. Und Thomas Strobl ist trotz fehlendem Eintrag im Terminkalender da und kann die Mitglieder von der Koalition überzeugen: von 154 anwesenden Mitgliedern stimmen 143 für den Koalitionsvertrag. Man könnte also sagen: alles im grünen Bereich.