Für Marc Biadacz ist die Arbeit im Bundestag Ehrensache. Der Böblinger bekennt sich zur Region Leonberg.

Leonberg/Berlin - Gleich an seinem ersten Tag in Berlin hatte Marc Biadacz eine bemerkenswerte Begegnung: „Ich bin direkt Cem Özdemir über den Weg gelaufen. Den kannte ich bisher nur aus den Medien.“ Mittlerweile hat sich der 38-Jährige daran gewöhnt, dass man im Parlament allerlei Promis trifft. Dennoch fragt sich der Christdemokrat immer wieder: „Hey, bin ich das? Bin ich wirklich Abgeordneter?“

 

Er ist es. 38,8 Prozent der Erststimmen in seinem Wahlkreis Böblingen holte Biadacz bei der Bundestagswahl am 24. September und schaffte damit den direkten Einzug ins Parlament. Der studierte Sozialwissenschaftler ist Nachfolger des parteiübergreifend anerkannten Clemens Binninger, der nicht mehr kandidiert hatte.

Wenngleich Marc Biadacz seit mehr als 20 Jahren in der CDU ist, so ist der Berliner Politikbetrieb für ihn etwas Besonders: „Es ist für mich eine Ehre, hier für die Menschen daheim arbeiten zu dürfen.“ Damit meint der gebürtige Böblinger auch die Region Leonberg: „Ich will zeigen, dass ich nicht nur Abgeordneter aus dem Bereich Böblingen/Sindelfingen bin.“ Im Wahlkampf hatte er gemerkt, dass die Uhren jenseits der Autobahn anders ticken, und dass die Menschen hier genau darauf achten, für was sich ein Politiker einsetzt.

Dass das Krankenhaus in Leonberg als leistungsfähige Klinik eine Zukunft haben muss oder dass der Lückenschluss bei Renningen einer zügigen Vollendung bedarf, hat er längst verinnerlicht. Und auch sonst will er sich im Altkreis regelmäßig blicken lassen. Sei es jetzt am Fasnetsonntag in Weil der Stadt oder beim Pferdemarkt.

Verständnis für die SPD

Biadacz sieht seine Aufgaben bei den Menschen vor Ort als genauso wichtig an, wie die Arbeit auf der großen politischen Schaubühne namens Reichstag. Hier agiert der Christdemokrat zwar noch in den hinteren Reihen. Doch die Turbulenzen um die Regierungsbildung beschäftigen den Parlaments-Novizen genug. „Wir wollten Jamaika als neues Politikmodell“, berichtet er aus der Bundestagsfraktion. „Ich habe sogar darauf gewettet, dass es klappt.“

Diese Wette hat er verloren. „Wir waren alle geschockt“, erinnert er sich. „Die Gründe habe ich bis heute nicht verstanden.“ Die konnte ihm auch Florian Toncar nicht erklären. Biadacz und sein Kollege von der FDP kennen sich schon lange. Der 39-jährige Liberale war eng in die Jamaika-Sondierungsgespräche eingebunden und saß in der wichtigen Arbeitsgruppe für Finanzen. Als parlamentarischer Geschäftsführer gehört Toncar zum inneren Führungskreis.

„So würde kein Gemeinderat arbeiten“

Im Gespräch mit unserer Zeitung hatte der Liberale beteuert, dass die Differenzen am Ende der Verhandlungen eher größer als am Anfang waren. Biadacz will das nicht so recht glauben: „So würde kein Gemeinderat arbeiten“, sagt der Kommunalpolitiker, der im Rat seiner Heimatstadt der CDU-Fraktion vorsitzt. Gemeinsamkeiten mit der FDP hätte es genügend gegeben.

Nun also die Genossen. Mit Nils Schmid, dem früheren SPD-Landesvorsitzenden, pflegt Marc Biadacz einen gelegentlichen persönlichen Austausch. Und er verhehlt nicht seine Anerkennung für die schwierige Situation des potenziellen Partners: „Ich bin beeindruckt, wie die Sozialdemokraten damit umgehen. Die haben eine super Debattenkultur.“ Deshalb hält er auch nichts davon, dass seine Partei oder die CSU zu sehr die Muskeln spielen lassen: „Vielmehr sollten wir uns fragen, wie wir selbst agieren, um es den Sozialdemokraten nicht noch schwerer zu machen.“

Dennoch geht Marc Biadacz davon aus, dass es mit der Neuauflage der Groko klappt: „Ich würde zwar nicht mehr wetten, aber ich bin optimistisch.“

Er fühlt sich als Arbeiterkind

Welches Fachgebiet für ihn selbst bestimmt ist, wird sich in den nächsten Tagen herausstellen. Dann verhandeln die Vorsitzenden der jeweiligen Landesgruppen die Besetzung der Ausschüsse. Hier steht der Regionalproporz im Mittelpunkt. Aber Wünsche durften die jungen Abgeordneten äußern. Biadacz hat sich für die Gremien Digitales oder Arbeit/Soziales beworben.

Seine Affinität zu sozialen Themen kommt nicht von ungefähr: „Ich fühle mich nach wie vor als Arbeiterkind. Meine Eltern haben beide bei Daimler am Band gestanden.“ Dieser Hintergrund macht erklärbar, dass für Biadacz im Profil seiner Partei die christlichen Werte und die Hilfe für Schwächere besonders wichtig sind.

Dazu gehört eine gewisse Demut: „Ich möchte auch mit den Leuten gut zusammenarbeiten, die mich bei der Kandidatennominierung nicht unterstützt haben. Es hätte ja damals auch mich treffen können.“