Stefan Mappus wird von der CDU-Basis im Enzkreis gefeiert. Der Ex-Regierungschef genießt Kameras und Honoratioren, will sich beruflich erst einmal in Ausland verändern. Aber er sagt: „Je mehr ich über mich lese, desto mehr Lust habe ich wieder auf Politik.“

Wurmberg/Enzkreis - Laute „Bravo“-Rufe und Beifall dürfte er schon lange nicht mehr gehört haben. Sichtlich genossen hat Stefan Mappus die Aufwartung, die ihm die Enzkreis-CDU ihrem einstigen Landtagsabgeordneten und Ministerpräsidenten Stefan Mappus bereitet hat. Ihm zu Ehren durfte der politisch tief Gefallene sogar eine Tafel an dem Autobahn-Fußgängersteg enthüllen, dokumentiert sie doch die Treue zum Ex-CDU-Landeschef. „Bei dem, was alles an Falschmeldungen über mich verbreitet wird, bekommt man fast Lust darauf, wieder Politik zu machen“, sagt es der 46-Jährige lächelnd. Und das sei keine Drohung, fügt er hinzu. Selbstkritik angesichts nebulöser Umstände des EnBW-Aktiendeals, der Zerstörung seines Dienst-Festplatte oder dem verheerenden Landtags-Wahlergebnis? Keine Spur: Die Vorwürfe gegen ihn seien schlichtweg falsch.

 

Im Hagenschieß sieht man keinen Holzweg, beim Thema Mappus. Im Gegenteil. Mappus hat als Verkehrsminister 2008 den Fußgängersteg über die Autobahn durchgesetzt. Jetzt feiert die örtliche CDU dafür ein „Mappus-Stegfeschtle“. Es ist der erste öffentliche Termin des Ex-Regierungschefs seit Monaten. Das Fest mitten im Wurmberger Wald findet am Ende einer Woche statt, in der sich die Ereignisse zugespitzt haben.

Recherchen dieser Zeitung enthüllen fast täglich brisante Neuigkeiten. Der Pforzheimer soll seine Festplatte gelöscht haben, als er aus der Villa Reitzenstein ausgezogen ist, weswegen nun die Staatsanwaltschaft ermittelt. Neu aufgetauchte E-Mails zwischen ihm und dem Investment-Banker Dirk Notheis lassen vermuten, Mappus wurde einmal mehr von seinem Kumpel an der Nase herumgeführt. Da wird das eigentlich als eher unwichtige Hocketse geplante „Mappus-Stegfeschtle“ plötzlich zum Politikum.

Mappus will erst einmal beruflich ins Ausland wechseln

Eigentlich ist kein Gespräch mit der Presse vorgesehen. Aber dann gerät der frühere Politiprofi doch ins Plaudern, als er auf dem nach ihm benannten Steg steht und unter ihm die Autos durchdonnern. Er erzählt von seinem langen USA-Urlaub und seinem neuen Leben: „Ich habe jetzt ja viel Zeit.“ Die nutze er für die Familie, aber die EnBW-Affäre beschäftige ihn doch. Erstaunlich offen lässt Mappus einen kleinen Blick auf seinen Gemütszustand zu. „Es wäre unehrlich zu bestreiten, dass einen das nicht verletzt“, erklärt er. Auch die Kritik gerade von ehemaligen Weggefährten wie Tanja Gönner. „Das trifft mich“, sagt er, und blickt zu Boden.

Den Medien wolle er keinen Vorwurf machen. Wohl aber denjenigen, die den Journalisten Akten aus dem Untersuchungsausschuss zutrügen. „Das ist übrigens illegal“, wirft er ein, und die alte Angriffslust blitzt wieder kurz auf. Was sagt er zu den Vorwürfen der Festplattenlöschung und des Verfassungsbruchs? Mappus winkt ab, auf Details will er hier und heute nicht eingehen. „Die Grünen verstehen es meisterhaft, solche falschen Vorwürfe in die Öffentlichkeit zu tragen“, sagt er nur. Auch in der CDU sei die „Zahl der Freunde kleiner geworden“, sagt er, und fügt an die Kritiker im eigenen Lager hinzu: „Ob sich manche glücklich verhalten, müssen andere beurteilen.“

Mappus: „Die Zahl der Freunde wird kleiner.“

Mappus wirkt so, als wolle er sich selbst ein wenig bremsen. Er scheint sich vorgenommen zu haben, heute nicht zu provozieren. Aber was hat er nun vor? „Ich will mich erst mal beruflich verändern, nochmal ins Ausland gehen“, bekennt er freimütig. Ob es die USA sein sollen, in denen er gerade Urlaub gemacht hat, lässt er offen. „Psssst“, sagt sein kleiner Sohn und zieht den Papa am Ärmel.

Aber der Pforzheimer scheint es zu genießen, wieder gefragt zu werden. Und variiert noch einmal den eben zitierten Satz: „Je mehr ich über mich lese, desto mehr bekomme ich wieder Lust auf Politik.“ Das klingt nicht so, als hätte der Ex-Regierungschef schon mit allem abgeschlossen. „So, jetzt ist es aber gut“, beendet er die Befragung „jetzt essen wir eine Rote!“

Hier an der CDU-Basis im Enzkreis würden sicher viele ein Comeback von Mappus begrüßen. Niemand stellt hier eine Frage nach dem EnBW-Aktiendeal. Es ist ein gemütliches Fest mitten im Wald, gut 50 Mitglieder und lokale Honoratioren haben sich eingefunden. Stefan Mappus steht mit Jeans, braunen Wanderschuhen, einer blauen Windjacke mit bunten CDU-Buchstaben und einem Bier in der Hand mittendrin. Mit seiner Frau Susanne Verweyen-Mappus und den beiden Kindern plaudert er locker an den runden Stehtischen mit weißen Schirmen, als sei nie etwas gewesen.

Als wäre nichts gewesen

Und auch die Parteifreunde verhalten sich so, als wäre alles wie vor der historischen Wahlniederlage. „Hallo Stefan, lange nicht mehr gesehen“, lacht Ferry Kohlmann, Chef der CDU in Friolzheim. Mappus strahlt und schüttelt Hände. „Ich bin mit dem Stefan schon im Stadtrat von Mühlacker gesessen“, sagte eine Frau, „wir bringen doch unseren Kindern immer bei, dass man nicht auf diejenigen tritt, die noch am Boden liegen.“

Schließlich ergreift Gerhard Hermann das Wort, der Vorsitzende des kleinen CDU-Ortsverbandes Wurmberg. Die Kameras des SWR und die Pressefotografen richten sich auf ihn. Ein bisschen stolz ist er schon über seinen PR-Coup, mit dem Wurmberg an diesem Tag sogar auf Spiegel Online genannt wird. „Grüß Gott alle miteinander“, sagt er in ein krächzendes Mikrofon. Sehr froh sei er, dass Mappus gekommen sei. Wie immer sei dieser zu seinem Wort gestanden und habe die Zusage eingehalten, bei diesem Fest zu erscheinen.

Stefan Mappus bleibe hier im Enzkreis in guter Erinnerung, man wolle seine Solidarität bekunden, erklärt Hermann: „Sie sind hier beliebt.“ Fast jubelndes Klatschen, kein Hauch von Widerspruch ist zu spüren. Dann schreiten Hermann und Mappus an den Metallsteg über die Autobahn, der für viele Spaziergänger in Wurmberg so wichtig ist. 200 000 Euro hat die Stahlkonstruktion gekostet, welche den alten, hölzernen „Jägersteg“ ersetzt hat. „Wenn die Grünen einen Übergang für Kröten für das gleiche Geld bauen, beschwert sich auch keiner“, erklärt Gerhard Hermann, und Mappus lacht.

Dann zeigen sie auf das Novum an dieser Stelle: Eine Gedenktafel, gestiftet von einem Wimsheimer Unternehmer, prangt vor dem Fußgängerübergang. „Mappus-Steg, Einweihung 2008“ steht in Weiß auf grünem Grund. „Damit die Grünen auch was davon haben“, scherzt Mappus und strahlt wie ein Honigkuchenpferd. Und die Parteifreunde strahlen mit. Dass am Montag die Staatsanwaltschaft weiter gegen Stefan Mappus ermitteln wird, interessiert hier und heute niemanden.