Die CDU-Vorsitzende Kramp-Karrenbauer kämpft nach der desaströsen Wahlniederlage in Thüringen um ihre Autorität. Sie fordert ihre Kritiker auf, aus der Deckung zu kommen.

Berlin - Erstmals seit dem Amtsantritt der neuen Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer vor knapp einem Jahr ist nach einer Reihe schwerer Wahlniederlagen im CDU-Bundesvorstand „die Führungsfrage gestellt worden“, wie die Parteichefin selbst einräumte. In der Gremiensitzung am Montag ergriff Tilman Kuban, der Vorsitzende der Jungen Union, in diesem Sinne das Wort. Die Nachwuchsorganisation war es auch, die auf ihrem Jahrestreffen vor gut zwei Wochen beschlossen hat, auf dem nächsten Bundesparteitag eine Urwahl zu beantragen, mit der die nächste Kanzlerkandidatur der Union bestimmt wird. Dies war bereits als direkter Angriff auf Kramp-Karrenbauers Autorität gewertet worden, die als Vorsitzende traditionell das erste Zugriffsrecht hat.

 

AKK geht in die Offensive

Die Vorsitzende ging am Montag nun in die Offensive. In einer Art Machtwort untermauerte sie ihren Führungsanspruch und betonte, dass sie für zwei Jahre gewählt sei und dem Parteitag 2020 einen Vorschlag zur Kanzlerkandidatur vorlegen werde. Sie forderte zugleich ihre Kritiker auf, sich aus der Deckung zu wagen: „Wer auch immer meint, die Frage müsse jetzt in diesem Herbst geklärt werden, hat auf diesem Bundesparteitag die Gelegenheit“, so Kramp-Karrenbauer.

Im Erscheinungsbild der großen Koalition sieht sie den Hauptgrund für die großen Verluste ihrer Partei in Thüringen: „Es hat keinen Rückenwind aus Berlin gegeben.“ Auch die „Diskussionen“ in der CDU hätten geschadet – weshalb sie von allen Parteifunktionären „ein Höchstmaß an Verantwortung“ und ein Ende der Debatte nach dem Parteitag in Leipzig am vierten Novemberwochenende verlangte. Sie fügte hinzu: „Dieser Verantwortung stelle ich mich. Jeder andere, der in einem Führungsgremium der CDU ist, hat seine eigene Verantwortung und muss sich entscheiden, ob er dieser Verantwortung gerecht wird.“

Unterstützung für die Chefin aus dem Südwesten

Unterstützung kam von Andreas Jung, dem Chef der Südwest-Landesgruppe im Bundestag: „Die Berliner Koalition war in Thüringen Umfragen zufolge auch deshalb so unbeliebt, weil in beiden Parteien zu viel über Personal geredet wurde. Als Lehre aus dem schwachen Ergebnis nun eine Personaldebatte zu führen wäre das exakte Gegenteil dessen, was als Konsequenz daraus angezeigt wäre.“ Bundesvize Thomas Strobl, der baden-württembergische Innenminister, sagte unserer Zeitung: „Das schlimme Ergebnis in Thüringen lässt sich nicht auf AKK reduzieren – wir brauchen deshalb keine neue Personaldebatte, sondern eine bessere Arbeit der Koalition in Berlin.“

„Personaldebatten bringen uns nicht weiter“, erklärte auch die Stuttgarter CDU-Abgeordnete Karin Maag. Sie forderte jedoch gleichzeitig, dass sich nun inhaltlich und strukturell etwas tun müsse: „Annegret Kramp-Karrenbauer hat eine Durststrecke hinter sich und muss jetzt möglichst schnell politische Erfolge vorweisen – sonst bleiben ihr nicht mehr viele Chancen, etwas richtig zu machen.“

Für zusätzlichen Unmut in der Partei sorgt zudem, dass der Thüringer Spitzenkandidat Mike Mohring auf das Gesprächsangebot des linken Ministerpräsidenten Bodo Ramelow eingehen will, der nach der Wahl keine Mehrheit mehr hat. „Mir sträubt sich wirklich alles, wenn ich an eine Zusammenarbeit der CDU mit der Linken denke“, sagte Strobl unserer Zeitung: „In ein paar Tagen feiern wir den 30. Jahrestag des Mauerfalls – und dann darüber nachdenken, mit den SED-Nachfolgern zu paktieren?“ Mohring kenne jedoch „die Beschlusslage der CDU Deutschlands: Koalitionen mit der Linken und der AfD sind ausgeschlossen“.