Susanne Eisenmann hatte eigene Ambitionen auf den Chefposten im Rathaus. Doch in der Kreispartei sind ihre politischen Positionen nicht mehrheitsfähig.

Stuttgart - Der Sieg des parteilosen Werbeprofis Sebastian Turner bei der CDU-internen Vorausscheidung über den OB-Kandidaten vor gut drei Wochen bedeutet nicht nur für den unterlegenen Rivalen Andreas Renner eine herbe Niederlage. Verloren hat auch Susanne Eisenmann, die sich für Renners Kandidatur starkgemacht und dafür eigene Ambitionen auf das Amt zurückgestellt hat. Im Glanz von Turners Erfolg darf sich dagegen der Kreischef Stefan Kaufmann sonnen, der den kommunalpolitisch unbedarften Unternehmer vorgeschlagen und letztlich durchgesetzt hat. Er stellt den Erfolg des parteilosen Unternehmers auf dem Mitgliederparteitag am 17. März inzwischen gar in eine Reihe mit der wenig später erfolgten Wahl des Parteilosen Joachim Gauck zum Bundespräsidenten: „Das war ohne Zweifel die Woche der Parteilosen.“

 

Susanne Eisenmann und ihre Getreuen dagegen blasen Trübsal. Die Stuttgarter CDU hat sich mehrheitlich entschieden, Kaufmanns Weg mitzugehen – und das nicht zum ersten Mal. Schon bei der Neuwahl des Kreisvorsitzenden im vergangenen Jahr nach dem CDU-Debakel bei der Landtagswahl hatten die Delegierten des Parteitages Eisenmann einen Dämpfer verpasst und der profilierten früheren Fraktionsvorsitzenden und heutigen Bürgermeisterin den ehemaligen Sillenbucher Bezirksbeiratssprecher und heutigen Bundestagsabgeordneten vorgezogen. Eisenmanns damaliges Fazit: es werde wohl „noch einige Jahre dauern, bis sich die Kreis-CDU erneuert hat“.

Eisenmann wurde schon für höhere Ämter gehandelt

Dass ihre Partei nun ausgerechnet einen Parteilosen zum Hoffnungsträger erkoren hat, muss jemanden wie Eisenmann zutiefst befremden. Die gebürtige Cannstatterin hat eine klassische Parteikarriere hingelegt: 1982 Eintritt in die CDU, nach Studium und Promotion vier Jahre lang Kärrnerarbeit im Bezirksbeirat Sillenbuch, von 1994 an CDU-Stadträtin und 1999 Stimmenkönigin bei der Kommunalwahl. In den Jahren 2004/2005 amtierte sie als Vorsitzende der stärksten Ratsfraktion. Von 1991 bis 2005 war sie zudem Büroleiterin des damaligen CDU-Landtagsfraktionschefs und späteren Ministerpräsidenten Günther Oettinger; 2005 wählte sie der Gemeinderat zur Bürgermeisterin für Kultur, Bildung und Sport.

Zwar wurde die ehrgeizige CDU-Frau immer mal wieder für höhere Aufgaben – etwa als Kultusministerin im Kabinett Oettinger – gehandelt, doch es gibt nicht wenige in der CDU, die sagen, ihr eigentliches Ziel sei schon immer der Chefsessel im Rathaus gewesen. Eisenmann selbst räumt ein: „Der Oberbürgermeisterposten in meiner Heimatstadt – und nur dort – hätte mich gereizt.“ Dennoch hat sie sich nach dem Verzicht des Amtsinhabers Wolfgang Schuster auf eine erneute Kandidatur entschieden, ihren Hut nicht in den Ring zu werfen und stattdessen Andreas Renner zu empfehlen – den wie sie in der CDU gut vernetzten Ex-OB und Ex-Minister. Warum?

„Schauen Sie sich doch nur an, wie der parteiinterne Wahlkampf gelaufen ist“, so Eisenmann vielsagend. Damit spielt sie auf die Schlammschlacht an, die sich die unterschiedlichen Lager vor dem Nominierungsparteitag geliefert hatten. „Das war teilweise unter der Gürtellinie, was da abging“, spricht einer aus Renners Unterstützerumfeld Klartext. So wurde etwa das Privatleben des Bewerbers – Renner ist zum dritten Mal verheiratet – ebenso zum Maßstab seiner Eignung als OB gemacht wie dessen angeblich zu legere Kleidung. An solchen politikfernen Kriterien wollte sich Eisenmann, die erst kürzlich ihren langjährigen Lebensgefährten, den früheren Regierungssprecher Christoph Dahl, geheiratet hat, nicht messen lassen.

Vorerst scheint mit der Turner-Kür auch ein alter, hinter den Kulissen schwelender Streit in der Kreispartei entschieden – die Auseinandersetzung zwischen der Oettinger-Entourage und dem Teufel-Schavan-Lager. Eisenmann steht wie der heutige EU-Kommissar für ein großstädtisch geprägtes Politikkonzept und ein unverkrampftes Verhältnis zu den Grünen. Kaufmann dagegen fährt wie seine Vorgänger Christoph Palmer und Michael Föll einen klaren Abgrenzungskurs gegenüber der Ökopartei, die mittlerweile die stärkste Fraktion im Rat stellt.

Der Kreisvorsitz ist für die Bürgermeisterin kein Thema mehr

Die nächste richtungsweisende Wahl steht der CDU nun am 7. Oktober bevor. Dann entscheiden die Stuttgarter über ihr neues Stadtoberhaupt. Sollte Kaufmanns Kandidat Turner, der Politnovize, den Sieg davontragen, dann säße der Parteichef felsenfest im Sattel und hätte seinen Kritikern um Eisenmann einmal mehr ein Schnippchen geschlagen. Sollte der Werbeprofi dagegen unterliegen, würde die parteiinterne Debatte wohl erneut aufflammen – bis hin zur Frage nach personellen Konsequenzen an der Parteispitze. Für Susanne Eisenmann (47) scheint das Thema erledigt: Sie strebe den Kreisvorsitz nicht mehr an, lässt sie wissen. Und auch eine Kandidatur für den Chefposten in einem anderen Rathaus komme nicht infrage: „Mir macht mein Job viel Freude.“