Landeschef Thomas Strobl will den Bundesparteitag beim Thema Abschiebungen auf eine harte Linie einschwören. Die CSU wiederum erinnert an die Obergrenze.

Berlin/Essen - Eigentlich wollte die CDU den heute beginnenden Bundesparteitag in Essen dazu nutzen, die kontroverse Dauerbeschäftigung mit dem Flüchtlingsthema zu beenden und sich geschlossen auf den Bundestagswahlkampf des kommenden Jahres einzuschwören. So ganz dürfte das nicht gelingen. Massive Störfeuer der CSU haben am Vortag des Treffens klar gemacht, dass die Union weder von dem Thema loskommt, noch mit einer Stimme spricht.

 

CSU-Parteichef Horst Seehofer betonte am Montag demonstrativ, dass seine Partei nach wie vor Obergrenzen für Flüchtlinge fordert. „Wir haben die Obergrenze ausführlich diskutiert, beschlossen, und es bleibt dabei“, sagte der Parteichef. Das sei „eine Frage der Glaubwürdigkeit“ der CSU. Er halte „eine Obergrenze von 200 000 Flüchtlingen jährlich“ für dringend geboten. Der auf dem CDU-Parteitag vorliegende Leitantrag sieht aber keine Obergrenzen vor, auch kein Änderungsantrag fordert sie.

Rückführungszentren in Nordafrika

Thomas Strobl, der Chef der Südwest-CDU, trat Seehofer im Gespräch mit unserer Zeitung, allerdings moderat, entgegen: „“Wir haben vor einem Jahr auf dem Karlsruher Parteitag eine klare Linie vorgegeben und unser Versprechen gehalten: Wir haben den Zuzug deutlich begrenzt – um über 90 Prozent. Insofern halte ich die Diskussion um diesen Begriff doch für etwas theoretisch“, sagte Strobl.

Am Montag hatte es intensive und letztlich erfolgreiche Bestrebungen der baden-württembergischen CDU gegeben, Teile des von Landes-Innenminister Thomas Strobl vorgelegten Positionspapiers zu einer härteren Abschiebepraxis in den Leitantrag aufzunehmen. Der Vorsitzende der baden-württembergischen CDU und Vize der Bundespartei hatte unter anderem gefordert, auch ausreisepflichtige Afghanen „in großer Zahl in vergleichsweise sichere Regionen ihrer Heimat zurückzuführen“. Flüchtlinge die auf dem Mittelmeer aus Seenot gerettet werden, sollten zudem in Rückführungszentren in Nordafrika gebracht werden.

CSU will Steuern senken

Strobl hat sich vorgenommen, den Parteitag in diesem Punkt auf eine harte Linie einzuschwören. „Ich erwarte auch von diesem Bundesparteitag in Essen eine klare Richtung“, sagte er unserer Zeitung. Angesichts von bald rund einer halben Million ausreisepflichtiger Personen brauche man beim Thema Abschiebungen und Rückführungen „eine neue Konsequenz“. Strobl stellt sein Konzept unter die Überschrift „Herz und Härte“ und erklärt das so: „Herz für die, die unseren Schutz benötigen und die wir integrieren wollen, und Härte gegen die, die nach einem rechtsstaatlichen Verfahren unser Land verlassen müssen.“

Zumindest ein unterschiedlicher Zungenschlag zwischen CDU und CSU zeichnet sich auch in der Steuerpolitik an. „Angesichts sprudelnder Steuereinnahmen und niedriger Zinsen können wir uns eine Entlastung des Steuerzahlers leisten“, sagte Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner am Montag. „Wir können dagegen niemandem erklären, wenn wir jetzt über Steuererhöhungen sprechen. Das ist wie ein Schlag ins Gesicht fleißiger Arbeitnehmer und erfolgreicher Unternehmer.“ Hintergrund sind Überlegungen in der CDU, Steuersenkungen für kleinere Einkommen mit Anpassungen beim Spitzensteuersatz zu kompensieren. Im Leitantrag ist sehr vorsichtig nur davon die Rede, „die Steuerquote nicht erhöhen“ zu wollen.