Landeschef Thomas Strobl hat seine Kritiker innerhalb der Partei zur Geschlossenheit aufgerufen. Andernfalls könnte es seiner Meinung nach bald ein böses Erwachen geben bei der CDU.

Wiesloch - So offensiv haben die baden-württembergischen Christdemokraten ihren Landesvorsitzenden selten erlebt. „Hört endlich auf mit diesen Spielchen“, ruft Thomas Strobl am Samstag den rund 250 Delegierten beim CDU-Parteitag in Wiesloch zu. Es müsse endlich Schluss damit sein, dass einige wenige in den eigenen Reihen die Regierungsarbeit von Grün-Schwarz schlecht redeten und sogar über „eine Dreierkoalition der CDU mit der FDP und der SPD schwadronieren“ – notfalls mit Leihstimmen aus der AfD, in der auch Rassisten und Antisemiten vertreten seien. „Christliche Demokraten haben mit denen nichts, aber auch gar nichts zu tun“, erklärt Strobl. Und erntet viel Beifall.

 

Auch wenn der Landesvorsitzende keine Namen nennt, ist vielen klar, wen er meint. Vor allem Landtagsfraktionschef Wolfgang Reinhart und Justizminister Guido Wolf. Reinhart hatte im Januar überraschend die CDU-Abgeordneten über die geplante Wahlrechtsänderung abstimmen lassen. Alle Anwesenden votierten dagegen und brachten damit das im Koalitionsvertrag vereinbarte Projekt zum Scheitern, das mehr Frauen ins Parlament bringen sollte. Damit brüskierte die Fraktion nicht nur die Grünen, sondern auch Landeschef Strobl. Auch die Frauen-Union, die seit Jahrzehnten eine Wahlrechtsänderung verlangt, war empört. Einige Grünen-Abgeordnete revanchierten sich kürzlich damit, dass sie bei der Wahl der Landtagsvizepräsidentin die von der CDU-Fraktion vorgeschlagene Abgeordnete Sabine Kurtz im ersten Wahlgang durchfallen ließen.

Wahlrecht kein Thema

Vor allem wegen dieser Vorkommnisse ist immer wieder von einer Regierungskrise die Rede, auch über ein Ende von Grün-Schwarz wird spekuliert, nicht nur von der Opposition. Er habe sich nicht von Strobl angesprochen gefühlt, sagt Fraktionschef Reinhart am Rande des Parteitags. Eine so genannte Deutschlandkoalition mit der FDP und der SPD werde es mit der CDU nicht geben. „Wenn Opposition und Medien irgendwelche Spielchen betreiben, ist das nicht Inhalt der CDU-Fraktion.“ Zugleich wirft er den Grünen vor, bei der Wahl der Landtagsvizepräsidentin Regeln gebrochen zu haben. Auch ließen sich die CDU-Abgeordneten nicht vorschreiben, wer Untersuchungsausschuss leite. Die Grünen hatten Kurtz nach ihrer Wahl zur Landtagsvizepräsidentin aufgefordert, den Vorsitz im Untersuchungsausschuss zur Zulagenaffäre an der Verwaltungshochschule Ludwigsburg abzugeben.

Anders als bei den Grünen, die zeitgleich in Leinfelden-Echterdingen ihren Parteitag abhalten, wird in Wiesloch nicht mehr offiziell über die gescheiterte Wahlrechtsreform in Wiesloch diskutiert. Auch dass auf den aussichtsreichen Plätzen für die Europaliste nur Männer kandidieren, ist kein Thema mehr – das haben die vier Bezirksverbände bereits vor drei Wochen so beschlossen, und die Delegierten stimmen dem mit großer Mehrheit zu.

Männer auf aussichtsreichen Plätzen

Bei der Europawahl 2014 hatte die CDU 39,3 Prozent der Stimmen erhalten und konnte fünf Abgeordnete nach Brüssel schicken. Wenn sie 2019 wie bei den Landtags- und Bundestagswahl abrutscht, könnte die Vorsitzende der Haushaltskontrollkommission des Europaparlaments, Inge Gräßle, aus dem Parlament fliegen. Grund dafür ist, dass jeder der vier Bezirksverbände einen der vorderen Plätze erhält. Weil der erste von Nordwürttemberg an Rainer Wieland, Vizepräsident des Europaparlaments, ging, wurde Gräßle, ebenfalls Nordwürttembergerin, erst auf Platz fünf nominiert. Der Regionalproporz spielt in der Südwest-CDU traditionell eine größere Rolle als die Frauenquote.

im EU-Parlament, Daniel Caspary (Nordbaden, 93,2 Prozent), auf Platz drei der Bezirksvorsitzende von Südbaden, Alexander Schwab (92,8 Prozent), und auf Platz vier der stellvertretende Bezirksvorsitzende von Württemberg-Hohenzollern, Norbert Lins (87,1).

Auf aussichtsreichen Plätzen keine Frau