Die CDU-Landtagsfraktion plant ein neues Förderprogramm für den ländlichen Raum. Der grün-schwarze Koalitionsvertrag gibt das her. Droht ein Verteilungskampf mit den Städten?

Stuttgart - Die Idee findet sich im grün-schwarzen Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2016, jetzt geht die CDU-Landtagsfraktion in die Offensive: Sie plädiert für ein neues Förderprogramm für den ländlichen Raum. „Wir wollen den ländlichen Raum aktivieren“, sagt Vizefraktionschef Winfried Mack, der eine eigens von der Fraktion eingesetzte Arbeitsgruppe leitet.

 

Das Finanzvolumen des neuen Förderprogramms beziffert die Fraktion nicht, doch nimmt sie einen dreistelligen Millionenbetrag in den Blick. Das Geld soll im kommunalen Finanzausgleich über einen „Flächenfaktor“ verteilt werden. Dabei profitieren Städte und Gemeinden, die in Relation zu ihrer Einwohnerzahl über eine große Fläche mit womöglich zahlreichen Teilorten verfügen. Unterstellt wird, dass diese Kommunen aufgrund der Siedlungsstruktur erhöhte Kosten zu tragen haben. Das Programm ergänzt das bereits bestehende Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum (67 Millionen Euro im laufenden Jahr).

CDU-Fraktionsvize Mack sieht Vorteile für Land und Stadt: „Die Städte spüren immer mehr massiven Siedlungsdruck, deshalb müssen wir den Menschen auch Alternativen in ländlicheren Regionen bieten.“ Nicht dass die Kommunen dort darbten, aber vieles, was in den Städten als selbstverständlich angesehen werde, gebe es auf dem Land nur in geringerer Dichte: öffentlicher Nahverkehr, Schulsozialarbeit, Kulturangebote oder medizinische Versorgung. Es brauche Anreize, um Landärzte zu gewinnen. Die Digitalisierung müsse auch die Fläche des Landes erfassen. Fraktionschef Wolfgang Reinhart sagt: „Die CDU zeichnet sich dadurch aus, dass sie eine Partei für das ganze Land ist. Wir haben nicht nur die Ballungsräume im Blick, sondern auch die ländlicheren Gebiete.“

Städtetag dagegen, Gemeindetag dafür

Offen ist noch, ob für das Programm frisches Geld fließt, oder ob innerhalb des kommunalen Finanzausgleichs umgeschichtet wird. Letzteres dürfte aber gegen den Widerstand des Städtetags schwer zu bewerkstelligen sein, der über die gemeinsame Finanzkommission des Landes und der kommunalen Landesverbände ein Mitspracherecht hat. Der Städtetag und das von Edith Sitzmann (Grüne) geführte Finanzministerium können dem Projekt wenig abgewinnen. Ein Sprecher des Finanzministeriums weist darauf hin, dass der kommunale Finanzausgleich mit dem Verkehrslastenausgleich oder der Förderung des öffentlichen Nahverkehrs bereits Komponenten mit Flächenbezug enthalte. Auch gebe es mehrere Gutachten, „die einen Flächenfaktor genauso kritisch sehen wie wir“. Nicht die Siedlungsstruktur habe einen signifikanten Einfluss auf den kommunalen Haushalt, sondern die Einwohnerzahl. Auch Städtetags-Geschäftsführerin Gudrun Heute-Bluhm wehrt sich: „Fläche ist kein taugliches Kriterium für zielgerichtete Förderung.“ Der Vorstand des Städtetags habe den entsprechenden Passus des Koalitionsvertrags immer sehr skeptisch bewertet. Der Gemeindetag als Vertretung der kleineren Kommunen hält dagegen: „Wenn der ländliche Raum stark bleibt, entlastet dies auch die Städte“, sagt eine Sprecherin.

Im Koalitionsvertrag wird nicht nur ein Flächenfaktor in Aussicht gestellt, sondern auch ein „Demografiebonus“ für Kommunen, die mit Abwanderung zu kämpfen haben. Außerdem soll es Geld für jene Kommunen geben, die eine neue Nutzung für ehemalige Kasernen suchen.