Der CDU-Politiker Heiner Geißler ist tot. Der ehemalige Bundesminister wurde 87 Jahre alt. Politiker zeigten sich erschüttert und würdigten seine Lebensleistung.
Stuttgart - Der frühere CDU-Generalsekretär Heiner Geißler ist tot. Das sagte sein Sohn Dominik der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag. Zuerst hatte die „Süddeutsche Zeitung“ über Geißlers Tod berichtet. Der ehemalige Bundesminister wurde 87 Jahre alt. Politiker zeigten sich erschüttert und würdigten seine Lebensleistung.
Geißlers politische Laufbahn hatte in Rheinland-Pfalz begonnen. Unter den Ministerpräsidenten Peter Altmeier und Helmut Kohl (beide CDU) war er von 1967 bis 1977 Sozialminister des Landes, anschließend wurde er CDU-Generalsekretär. Kohl berief den promovierten Juristen 1982 zum Familienminister.
CDU als moderne Programmpartei
Der Sozialexperte arbeitete an einem neuen Image der CDU als moderne Programmpartei und führte unter anderem ein Erziehungsgeld ein. 1989 kam es wegen Differenzen über den Kurs der Partei zum endgültigen Bruch zwischen Kohl und Geißler. Die von Geißler, Lothar Späth und Rita Süssmuth geplante Revolte auf dem Bremer Parteitag scheiterte. Der frühere Bundeskanzler Kohl war im Juni im Alter von 87 Jahren gestorben. Seine letzte ganz große Mission hatte Geißler, als er 2010 im Alter von 80 Jahren den Konflikt um das Bahnprojekt „Stuttgart 21“ schlichtete. Geißler engagierte sich zudem beim globalisierungskritischen Netzwerk Attac.
Mitgestalter des Gemeinwesens
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat dem gestorbenen Ex-CDU-Generalsekretär Heiner Geißler eine jahrzehntelang prägende Politik für Deutschland bescheinigt. „Er war mit einer Leidenschaft Politiker und mit einer Hingabe Mitgestalter unseres Gemeinwesens, die selten zu finden waren und sind“, schrieb Steinmeier am Dienstag in einem Kondolenzschreiben an Geißlers Witwe. Die christliche Überzeugung habe Geißlers Reden und Handeln geprägt.
„Dass er im demokratischen Streit gelegentlich seine polemische Begabung einzusetzen wusste, hat ihm Ärger eingebracht, aber letztlich oft zur Klärung politischer Fragen beigetragen“, würdigte der Bundespräsident Geißler. „Dass er aber auch Wege zur Versöhnung und zum Ausgleich zu gehen wusste, hat er noch bei der letzten größeren Aufgabe gezeigt, die er in Stuttgart selbstlos übernommen hat.“ Geißler hatte im Streit um das Bahnprojekt Stuttgart 21 vermittelt.
Mit Geißler verliere Deutschland „eine unvergleichliche politische Persönlichkeit, die bis ins hohe Alter gerade auch für junge Menschen Vorbild war“, erklärte Steinmeier. Geißler habe sich in seinen Ämtern engagiert, einem modernen Konservatismus Gestalt zu geben.
Unbequemer Geist
Die CDU würdigte Geißler als „einen der ganz Großen„ der Partei. „Er war ein sehr kluger und unbequemer Geist und hat so die CDU angetrieben, sich den Veränderungen in der Welt zu stellen. Das müssen wir heute wieder“, schrieb Generalsekretär Peter Tauber auf Facebook. Noch im Juli habe er mit Geißler über die Zukunft Afrikas, eine kluge Migrationspolitik und das Wertefundament der Gesellschaft gesprochen.
Die stellvertretende CDU-Vorsitzende und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen beklagte einen schmerzhaften Verlust durch den Tod Geißlers. „Als guter Freund meines Vaters war mir Heiner Geißlers Stimme von Jugend an vertraut“, sagte die Tochter des früheren niedersächsischen CDU-Ministerpräsidenten Ernst Albrecht, der 2014 verstorben war. Leyen würdigte Geißler als „Vordenker und Modernisierer“ Er habe in der Partei früh „dafür geworben, die Interessen von Frauen und Familien mit Leidenschaft zu vertreten“.
Geißler habe die CDU geprägt
Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) schrieb am Dienstag auf Twitter, Geißler habe die CDU geprägt: „Soziale und ökologische Verantwortung, Menschlichkeit. Ich bin tief erschüttert. Sein Vermächtnis bleibt.“
Die rheinland-pfälzische CDU-Landeschefin Julia Klöckner nannte Geißler einen großen Rheinland-Pfälzer, streitbar und klug. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) schrieb auf Twitter: „Intellektuell brillant, Politik aus Grundsätzen gestaltend und scharf in der Debatte - das war Heiner Geißler. Er war einer unserer Besten.“
Auch die SPD würdigte Geißler. “Er war für seine Partei und für viele Bürger unseres Landes eine prägende politische Gestalt der ersten Jahrzehnte der Bundesrepublik. An der Auseinandersetzung mit seiner pointierten Sicht auf die Linke und die Sozialdemokratie ist die Diskussionskultur Deutschlands gewachsen„, betonte Außenminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel. Großer Dank gebühre Geißler für seine Tätigkeit als Schlichter in großen Tarifkonflikten.
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann schrieb ebenfalls auf Twitter, Deutschland verliere mit Geißler einen großen Demokraten und „streitbaren Politiker, der es keinem leicht gemacht hat. Seine Stimme wird fehlen.“ Der Grünen-Politiker Omid Nouripour schrieb: „Ein Mann der Werte und der Haltung ist von uns gegangen.“
Geißler war am 3. März 1930 in Oberndorf am Neckar als Sohn eines Oberregierungsrates zur Welt gekommen. Vor seiner politischen Karriere war der Vater von drei Söhnen vorübergehend Mitglied des Jesuitenordens. Nach Abschluss des Philosophie- und Jurastudiums arbeitet er Anfang der 1960er Jahre kurze Zeit als Amtsrichter in Stuttgart und im Ministerbüro des Arbeits- und Sozialministeriums.