Die Zwischenbilanz des Innenministers Thomas Strobl kann sich sehen lassen – und doch kann er den Erfolg nicht in Autorität und Popularität ummünzen.

Stuttgart - Man kann es fast eine Halbzeitbilanz nennen: Am Donnerstag hat Thomas Strobl, der Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration, im Landtag seinen ersten „Sicherheitsbericht“ erläutert. In dem 100-seitigen Werk listet der CDU-Mann nicht nur die aktuelle Entwicklung auf dem Feld der Kriminalität auf, sondern auch seine wichtigsten Entscheidungen: von der Reform des Polizeigesetzes bis zur Schaffung neuer Personalstellen. Große Bühne also für den Vize-Ministerpräsidenten, der 2016 auch mit dem Anspruch angetreten war, die Sicherheitspolitik als Treibstoff für das Fortkommen seiner Partei zu nutzen.

 

Gute Statistik, breite Brust

Die kriminologischen Kennzahlen sind günstig wie lange nicht, und so konnte Strobl mit breiter Brust ausführen: Das Land hat die niedrigste Kriminalitätsrate seit Jahrzehnten, die Aufklärungsquote steigt, und selbst bei Wohnungseinbrüchen und Straftaten von Asylbewerbern weist die Kurve nach unten. Eine gute Stunde lang ging der Minister ins Detail, berichtete von Maßnahmen gegen die Cyberkriminalität, erklärte, warum er einen Sonderstab für gefährliche Ausländer bildete.

Anspruch und Realität

Hier sonnt sich also ein Minister im Glanze seines Erfolgs, sollte man meinen. Und doch kann Strobl diesen derzeit nicht ummünzen in Popularität und Autorität. Dabei ist es gar nicht das große politische Versäumnis, was man ihm ankreidet, sondern eher die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit. So hat der Innenminister kurz vor Ostern seiner Reputation als Polizeifachmann massiv geschadet, weil er via Pressemitteilung über Einsatzdetails gegen afrikanische Drogenhändler in Sigmaringen plauderte. Das ist zwar weit entfernt von einem Rücktrittsgrund, reicht aber der SPD, ihn die „Karikatur eines Politikers“ zu nennen.

„Karikatur eines Politikers“

Genüsslich bohrte die Opposition auch in der Wunde, dass die versprochenen 1800 zusätzlichen Polizisten pro Jahr ausbleiben – denn sie sind ja noch gar nicht ausgebildet. Und die Reform des Polizeigesetzes gelang erst im zweiten Anlauf, weil Datenschützer Mängel moniert hatten. Dass die Konkurrenz ihn dafür aufs Korn nimmt („Stehen Sie bitte der Polizei nicht im Wege“), gehört zum Geschäft. Angesichts der objektiv guten Sicherheitslage ist die Tonlage aber bemerkenswert schrill.

Letztlich geschadet hat Strobl auch – und hier mischen sich seine Rollen als Fachminister und Parteipolitiker – der Streit mit der CDU-Fraktion um das Landtagswahlrecht: Sein Image als Erneuerer der Südwest-CDU hat durch die Halsstarrigkeit der eigenen Fraktion Risse erhalten. Zu allem Überfluss quittierte kurz vor Ostern auch noch sein Staatssekretär Martin Jäger den Dienst. „Strobl hat einfach keine Fortune“, sagen selbst wohlmeinende Parteifreunde. Mit der Kriminalitätsstatistik allein wird er diesen Eindruck jedenfalls nicht zerstreuen können. Dazu wäre es vielmehr nötig, den 27 CDU-Prozenten von 2016 in Umfragen etwas hinzuzufügen.

Bewerber stehen Schlange

Zumindest im Verhältnis zur Landtagsfraktion macht Strobl aber nun Boden gut. Die Ernennung von Landtagsvizepräsident Wilfried Klenk zum Innen-Staatssekretär wird unter den Abgeordneten allseits begrüßt. Das ist auch kein Wunder, denn die Personalie birgt für manchen von ihnen einen Karriereschub. Sage und schreibe neun CDU-Abgeordnete hätten ihr Interesse für die Klenk-Nachfolge bei Fraktionschef Wolfgang Reinhart angemeldet, heißt es. Klenk ist übrigens Sozialpolitiker, kein Spezialist für Polizeifragen. Um die will sich Strobl künftig selbst stärker kümmern – eine Ankündigung, die ihm prompt den Spott des FDP-Manns Ulrich Goll eintrug: „Wo stünde dieses Land, wenn Sie das schon mal ein bisschen früher getan hätten?“