Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Nach der Erhebung des Forschers von der Freien Universität Berlin ist die Zahl der Parteimitglieder im Vorjahr insgesamt um drei Prozent gesunken – seit 1990 gar um die Hälfte. Die Linke hatte trotz der Vereinigung von PDS und WASG Ende 2015 fast vier Fünftel weniger Mitglieder hat als die PDS Ende 1990 – eine Sondersituation. Die FDP wiederum erlebte bei jedem Koalitionswechsel den Austausch eines großen Teils der Mitglieder – die Liberalen haben seit 1990 mehr als zwei Drittel ihrer Mitglieder verloren. Weitaus am besten stehen die Grünen da, deren Mitgliederzahl in 26 Jahren um 44 Prozent gewachsen ist. Bei ihnen ist auch der Frauenanteil mit 38,6 Prozent am höchsten, während die CDU lediglich zu knapp 26 Prozent weiblich ist. Erst 2014 setzte auch für die Grünen ein leichter Abwärtstrend ein.

 

„Das Problem ist: der Anteil von Leuten, der sich politisch betätigen will und dafür Zeit, Mühe sowie Geld aufbringt, ist nicht allzu hoch“, sagt Niedermayer. Denn zugleich habe sich das Konkurrenzangebot innerhalb und außerhalb des Parteiensystems „dramatisch vervielfacht“. Wer früher für soziale Gerechtigkeit kämpfen wollte, ging in die SPD – heute hat er die Auswahl zwischen vielen Parteien und sozialen Initiativen. Folglich würden auch weitere Elemente direkter Demokratie wie Volksentscheide die Konkurrenz für die Parteien eher noch verstärken, meint der Forscher.

Gewerkschaften koppeln sich ab

Dass politische Betätigung gefragt ist – nur eben nicht in einer Volkspartei –, zeigen zum Beispiel die Gewerkschaften. Die IG Metall, die Erziehungsgewerkschaft GEW und die Polizeivertretung GdP haben 2015 ein Mitgliederplus erzielt – wobei die Metaller gerade auf jüngere Beschäftigte eine hohe Anziehungskraft ausüben. Ende 2015 zählten die acht DGB-Gewerkschaften 6,1 Millionen Mitglieder – das war gerade mal ein Minus von 0,15 Prozent. Kein politischer Verband in Deutschland ist größer – keine andere gesellschaftliche Großorganisation kann Ähnliches vorweisen.

Niedermayer mag diesen Vergleich nicht ziehen: „Es ist ein Unterschied, ob ich in eine Organisation gehe, um einen Nutzen zu haben oder ob ich noch dafür zahle, mich politisch zu engagieren.“ Ob sich Parteineugründungen wie die AfD positiv abheben können, mag er nicht beurteilen. Da mangelt es an Daten, weil die AfD die Herausgabe von Zahlen verweigert. Es zeichne sich lediglich ab, dass sie bei derzeit etwa 20 000 Mitgliedern den Schwund durch die Spaltung wieder aufgefangen hat.