Seit September 2014 gibt es ein ausgefeiltes Konzept für das Stadtmuseum am Charlottenplatz. Keine Kritik wurde bisher daran laut, doch nun haben die Fraktionen von CDU und Grünen die Ausschreibung für die Direktion und die Innenausstattung gestoppt.

Stuttgart - Im Juli 2014 hatte der Rückbau des alten Stadtbibliotheksgebäudes begonnen, im Oktober 2015 feierte die Stadt Richtfest, im Herbst 2017 will man das Stadtmuseum im Wilhelmspalais am Charlottenplatz eröffnen. „Bisher sind wir im Zeitplan“, sagt Anja Dauschek, die Leiterin des Planungsstabs im Kulturamt. Die Stadtverwaltung hatte folgerichtig die Offenlegung von und die Diskussion über zwei Ausschreibungen im Verwaltungsausschuss des Gemeinderats anberaumt – die der Direktionsstelle und die Planung der Innenausstattung. Doch auf Wunsch der CDU-Fraktion und der Grünen wurde das Thema zurückgestellt.

 

„Wir wollen uns das Ergebnis des Planungsstabs noch mal in Ruhe ansehen und prüfen, ob es inhaltliche Änderungswünsche oder neue Bedürfnisse gibt“, begründet CDU-Fraktionschef Alexander Kotz und verweist auf die stattliche Investitionssumme von 38,3 Millionen Euro. Beispielhaft nennt der Fraktionschef die „große Fläche für Wechselausstellungen“, die sich im zweiten Obergeschoss auf einer Fläche von 500 Quadratmetern erstrecken soll. Pro Jahr sind dort zwei große Ausstellungen zur Stadtgeschichte, zu Baukultur, Design und Urbanität geplant. „Es stellt sich die Frage“, so Kotz, „ob man dazu so viel mit Stuttgart-Bezug findet, oder ob man auch andere historische Themen aufnehmen könnte.“

Mehr „urbanes Feeling“ erwünscht

Für verbesserungswürdig hält die CDU offenbar auch die Konzeption des Museumscafés. Es wird im ersten Obergeschoss untergebracht und hat Zugang zur Terrasse, die einen Blick auf ganz Stuttgart eröffnet. Nach bisheriger Planung orientieren sich die Betriebszeiten an den Museumsöffnungszeiten von Dienstag bis Sonntag, jeweils von 10 bis 18 Uhr, und an einem Tag einer Abendöffnung bis 21 Uhr. Inzwischen hat sich offenbar der Erfolg der Interimsnutzung herumgesprochen: Thorsten Gutbrod und Stefan Mellmann von den Wagenhallen hatten den Zuschlag bekommen, sich im Jahr 2013 um die Belebung der ehemaligen Stadtbibliothek zu kümmern. In der Folge strömten die Gäste zu Lesungen, Konzerten, Partys oder einfach nur deshalb ins Wilhelmspalais, weil es dort Tapas, Vesperbrote und Kuchen, Cocktails, regionale Weine und Bier an zentraler Stelle in der Stadt gab. „Das hatte schon sehr viel urbanes Feeling“, sagt Kotz. Es sei daher zu überlegen, ob die Gastronomie dort nicht doch „mehr Eigenständigkeit“ entwickeln und sich unabhängig von den Museumsöffnungszeiten „nach außen orientieren“ sollte. Auch Andreas Winter von der Fraktion der Grünen springt der CDU bei: „Der Ort ist sehr zentral. Er sollte belebt sein und in die Stadt hineinwirken.“ Deshalb halte man eine „Feinjustierung“ für angebracht und habe der Absetzung des Themas von der Tagesordnung nicht widersprochen. Die SPD hingegen ist ganz anderer Meinung: „Wir haben zwar einer Vertagung zugestimmt, weil das gute Übung in den Ausschüssen ist, aber wir halten die bestehende Konzeption für richtig und gut“, sagt SPD-Stadtrat Hans H. Pfeifer. Seine Fraktionskollegin Susanne Keltzin ist Mitglied im Beirat des Stadtmuseums; sie findet den Vorgang eher „irritierend“.

Umbau vom Neubau

Weder das Architekturbüro Lederer, Ragnasdòttir, Oei, noch die Chefin des Planungsstabs, Anja Dauschek, haben bisher von Änderungswünschen erfahren. „Der Lenkungskreis hat die Konzeption in diesem April freigegeben“, sagt Anja Dauschek, die nicht versteht, warum nicht damals über neue Inhalte geredet wurde. Dass man im Sommer mal „ein Bier an der Treppe“ ausschenkt, daran sei gedacht. Deshalb gebe es dort auch einen Strom- und Frischwasseranschluss. Aber die Fluchtwege aus dem geplanten Museumscafé beispielsweise führten durch die Ausstellung, eine Kochküche sei nicht vorgesehen, eine Abluftanlage oder ein Fettabscheider deshalb nicht eingeplant. „Solche Umplanungen würden den Umbau eines Neubaus erfordern“, fürchtet sie.

Der Spekulation über andere als von Alexander Kotz angegebene Gründe ist jetzt Tür und Tor geöffnet. Als denkbar erscheint einigen im Rathaus, dass die CDU den Sparkurs einschlagen und die jährliche 3,5-Millionen-Differenz zwischen Einnahmen und Kosten senken will. Zum Beispiel durch Pachteinnahmen für die Gastronomie, Mieteinnahmen von externen Veranstaltern und geringere Personalkosten bei geschrumpfter Ausstellungsfläche. Denn die Globale Minderausgabe in Höhe von 29 Millionen Euro, die während der Haushaltsberatungen wie ein Damoklesschwert über den Stadträten schwebte, ist zwar abgewendet, aber nur verschoben worden. Dasselbe droht der Eröffnung. Würde die Konzeption tatsächlich wesentlich verändert, rückte die Einweihung von 2017 ins Jahr 2018. Chefplanerin Anja Dauschek jedenfalls ist „gespannt“.

Die nächste öffentliche Baustellenführung findet am 24. Juni statt, Eintritt: 6 Euro. Treffpunkt ist der Baustelleneingang an der Urbanstraße, verbindliche Anmeldung mindestens vier Tage im Voraus unter www.stuttgart-tourist.de