Der FC Barcelona brilliert lange nicht mehr so wie in der vergangenen Saison. Am Mittwoch steht er gegen den VfB Stuttgart auf dem Feld.

Barcelona - Das Spiel gegen den VfB Stuttgart darf Josep "Pep" Guardiola wieder von der Trainerbank aus verfolgen. Am Sonntag in der Liga gegen Valencia musste der Coach des FC Barcelona noch auf der Tribüne Platz nehmen. Er war mal wieder wegen Schiedsrichterbeleidigung gesperrt. Neulich in Almeria hatte der 39-Jährige die schlechte Idee, das Mikrofon des Linienrichters zu missbrauchen, um den Unparteiischen einen Denkzettel zu verpassen: "Ihr habt keine Ahnung", brüllte er, "ihr pfeift alles falsch rum!"

Das gab Rot - und viel Ärger in den Medien. Schließlich brüstete sich Guardiola einmal, die Leistungen der Unparteiischen nie zu kommentieren. Wenigstens bügelte in Almeria der Angreifer Lionel Messi zwei Rückstände aus und sicherte den Katalanen noch ein Remis. Und noch schöner für Guardiola, dass von hoch oben gleich drei Tore des Argentiniers gegen Valencia zu bewundern waren, zum 3:0. Messi, immer wieder Messi. 20 Tore hat er in der Liga erzielt, mehr als der Tabellenletzte Xerez.

Dass Guardiola nervös ist, liegt aber nicht zuletzt daran, dass seine Mannschaft mehr und mehr zur Einmannvorstellung mutiert. Top drauf ist sonst nur noch Victor Valdés, aber dass der Torwart derzeit besonders gelobt wird, ist kein gutes Zeichen für ein Angriffsteam. Guardiola weiß um die Probleme, der junge Trainer lernt gerade schmerzlich eines der Gesetze des Sports kennen: Oben ankommen ist schwer, oben bleiben noch viel mehr.

Ibrahimovic ist bisher ein Verlustgeschäft für Barcelona


Weil Siegermannschaften gerne bequem werden, hat Guardiola nach dem Triumph im vergangenen Sommer neue Kräfte angefordert. Im Stürmertausch für Samuel Eto'o plus 45 Millionen Euro kam Zlatan Ibrahimovic. Bisher ein Verlustgeschäft, trotz seines Tores zum 1:1-Endstand in Stuttgart. Der Schwede begann stark, aber in den vergangenen neun Ligapartien traf er nur einmal. Zwölf Treffer stehen für ihn zu Buche in der Primera División, sein Vorgänger Eto'o hatte 2009 zum selben Zeitpunkt 23 auf dem Konto. Weil auch der Franzose Henry Chancen versiebt, und selbst der junge Pedrito seine Leichtigkeit verloren hat, bleiben im Moment nur die Tore Messis. Die Blau-Granatroten sind damit leichter ausrechenbar geworden. Der Ball zirkuliert auch nicht so mehr schnell, die meisten wollen die Kugel in die Füße gepasst bekommen, nicht in den Raum. Körperlich fehlt vielen die Frische, nicht zuletzt dem Spielmacher Xavi.

Johan Cruyff, das personifizierte gute Gewissen des Clubs und am Sonntag Tribünennachbar Guardiolas, schlug gerade in seiner wöchentlichen Zeitungskolumne Alarm: "Es gibt einige Spieler, die nicht auf der Höhe sind", schreibt der Niederländer, "ich möchte diese einladen, in den Spiegel zu schauen und zu vergleichen, was sie taten und was sie derzeit tun. Es gab diese Saison schon mehrere Partien, in denen der Meister aller Wettbewerbe nicht auf der Höhe des erlangten Ruhms war." Das in Stuttgart zum Beispiel.

Real Madrid ist derzeit punktgleich mit Guardiolas Team


Gerne würde Guardiola durchwechseln, aber der Kader ist zu schwach. 113 Millionen Euro wurden im Sommer insgesamt investiert, schlecht angelegtes Geld. Auch die Ankunft des Außenverteidigers Maxwell für den Routinier Sylvinho hat sich bisher als kontraproduktiv erwiesen; der für 14 Millionen Euro erworbene Stürmer Keirrison, wie Maxwell ein Brasilianer, wurde erst mal verliehen; und der für 25 Millionen Euro geholte ukrainische Verteidiger Chygrynskiy sitzt nur auf der Bank.

Aus dem Königspokal schon ausgeschieden, muss Barça in der Liga nach einem leichten Jahr diesmal mehr Energie aufwenden, denn der Lieblingsfeind ist zurück: Real Madrid, derzeit punktgleich und nach Toren besser. "Ich habe schon gewusst, dass es schwer sein würde, mit Real mitzuhalten", sagt Guardiola, "bei dem Geld, das die ausgegeben haben, wäre es ja noch schöner, wenn sie nicht um den Titel mitspielen würden." Doch Barça brilliert eben auch nicht mehr so wie früher, das sieht Guardiola genau - von der Bank oder der Tribüne aus.