Bayern München hat im unterhaltsamen Kräftemessen gegen Atlético Madrid den Kürzeren gezogen. Borussia Mönchengladbach gegen den FC Barcelona die Sensation.

Madrid - Auch mit Carlo Ancelotti gibt es für den FC Bayern in Spanien nichts zu holen. Nach drei Halbfinal-Niederlagen in der Champions League gegen Spitzenclubs aus der Primera División mussten sich die Münchner am Mittwochabend bei der schnellen Rückkehr zum letztjährigen Bezwinger Atlético Madrid auch unter dem neuen Trainer geschlagen geben. Beim 0:1 (0:1) besiegelte Yannick Carrasco (35. Minute) nach acht Siegen des deutschen Fußball-Rekordmeisters in den bisherigen acht Pflichtspielen unter Ancelotti bei der ersten Kraftprobe die erste Niederlage des Italieners. Deutschland-Schreck Antoine Griezmann verpasste mit einem Foulelfmeter an die Latte (84.) noch einen zweiten Treffer.

 

In der Festung Estadio Vicente Calderón gelang den Münchnern wie in der Amtszeit von Pep Guardiola und bei den K.o.’s gegen Real Madrid (2014), den FC Barcelona (2015) und vor fünf Monaten gegen Atlético wieder kein Auswärtstreffer gegen ein spanisches Team. Die Bayern waren im Duell zweier Königsklassen-Topvereine zwar lange feldüberlegen und steckten nie auf, doch in der Defensive waren sie anfällig und nach vorne nicht präzise und kreativ genug.

Unterhaltsames Kräftemessen

Nach dem 5:0 gegen Rostow bedeutet die Niederlage in Madrid auch einen Rückschlag im Kampf um den Gruppensieg. Atlético führt die Gruppe D mit sechs Punkten an. Der Gruppenerste geht beim Achtelfinale im kommenden Jahr den anderen Vorrundensiegern und damit wohl Schwergewichten aus dem Weg. Den Münchnern bleiben aber vier Spieltage, um sich noch den Spitzenplatz zu erkämpfen. Das Rückspiel gegen Atlético findet am 6. Dezember zum Gruppenabschluss statt.

Fünf Monate nach dem 0:1 an selber Stelle waren die Bayern gegen die nur anfangs defensiv eingestellten Spanier zwar um Spielkontrolle bemüht und hatten durch Thomas Müller auch die erste große Torchance. Der Nationalspieler scheiterte aber nach einem Thiago-Zuspiel per Direktabnahme (13.). Im Gegensatz zum Halbfinal-Hinspiel im April war Müller diesmal von Anfang an dabei, und auch ansonsten setzten beide Trainer auf die erwartbaren Startformationen. So saß bei den Münchnern Neuzugang Mats Hummels zunächst auf der Bank.

Der zuletzt bärenstarke Javi Martínez stand 60 Minuten neben Jérôme Boateng in der Innenverteidigung, ehe Ancelotti den früheren Dortmunder Hummels für Boateng einwechselte. Nach etwa 20 Minuten war die Hintermannschaft der Gäste dann auch erstmals gefordert.

Carrasco prüfte mit einem Schuss aus halbrechter Position Torwart Manuel Neuer (19.). Wenig später köpfte Fernando Torres in einem sehr unterhaltsamen und kurzweiligen Kräftemessen zweier echter Topvereine - nur eines der vergangenen fünf Endspiele fand ohne einen der beiden Clubs statt - an den Pfosten (22.). Atlético wurde nun stärker und vor allem durch das schnelle Umschaltspiel immer gefährlicher.

Griezmann verpasste die Vorentscheidung

Torres traf zunächst noch das Außennetz (34.), doch eine Minute später erzielte Carrasco mit einem platzierten Schuss aus knapp 18 Metern das verdiente 1:0. Den Bayern-Bemühungen fehlte in dieser Phase die Präzision, dem Offensivspiel die Durchschlagskraft. Vom ersten „richtig harten, knackigen Gegner“ hatte Kapitän Philipp Lahm gesprochen - und sollte Recht behalten. Die heimstarke Mannschaft von Trainer Diego Simeone blieb die erwartet knifflige Aufgabe.

Müller traf per Kopf das Außennetz (50.), David Alabas Schuss wurde von Madrids Torwart Jan Oblak abgewehrt (56.). Mit den Hereinnahmen von Arjen Robben für Müller und Joshua Kimmich für Thiago versuchte Ancelotti nochmals neue Impulse zu setzen. Robert Lewandowski hatte die große Chance zum Ausgleich, verfehlte aber per Kopf (77.). Robben versuchte es von der Strafraumgrenze - ebenfalls knapp vorbei (80.). Auf der anderen Seite trat Griezmann nach einem Foul von Vidal an Filipe Luis zum Strafstoß an - verpasste aber die Vorentscheidung.

Gladbach verpasst Sensation

Zur großen Überraschung fehlte nicht viel, doch am Ende war die Weltauswahl des FC Barcelona mit Heimkehrer Marc-André ter Stegen für Borussia Mönchengladbach doch eine Nummer zu groß. Erst nach zwei Gegentoren in der zweiten Halbzeit musste sich der vom Publikum begeistert gefeierte Bundesliga-Vierte am Mittwoch noch dem spanischen Meister im Spiel des Jahres mit 1:2 (1:0) geschlagen geben. Damit hat die Borussia schon nach dem zweiten Gruppenspiel in der Champions League kaum noch Chancen auf das Weiterkommen. Vielmehr dürfte es für die Borussia in den nächsten Spielen gegen Celtic Glasgow um den dritten Platz hinter den Top-Teams Barcelona und Manchester City gehen.

46 283 Zuschauer im ausverkauften Borussia-Park waren nach dem Führungstreffer von Thorgan Hazard (34.) regelrecht aus dem Häuschchen und träumten gar von großen Europacup-Spielen wie dem 5:1 gegen Real Madrid in den 80er Jahren. Denn mit einer Überraschung gegen den 24-maligen spanischen Meister und großen Favoriten in der Champions League hätte keiner gerechnet. Doch am Ende setzte sich die Klasse von Barca doch durch. Der Türke Arda Turan (65.) und Ex-Weltmeister Gerard Piqué (74.) drehten im zweiten Durchgang das Spiel.

„Das war ein großartiger Abend. Wir haben in der ersten Halbzeit das Quäntchen Glück gehabt, in der zweiten Halbzeit kassieren wir mit der ersten Chance das Tor. Die Mannschaft hat alles in die Waagschale geworfen und sich gegen einen übermächtigen Gegner sehr gut aus der Affäre gezogen. Wir sind jetzt nach einem 1:2 bedröppelt, können aber auch stolz sein“, sagte Gladbachs Sportdirektor Max Eberl.

Kein Spaziergang für Barca

Die Katalanen waren zwar über weite Strecken die spielbestimmende Mannschaft, ließen vor dem Tor aber oftmals die nötige Konsequenz vermissen. Da machte sich auch das Fehlen von Weltfußballer Lionel Messi (Leistenzerrung) bemerkbar. Der argentinische Genius hatte Barca im ersten Gruppenspiel noch mit drei Toren zu einem 7:0 gegen Celtic geführt.

Diesmal wurde es kein Spaziergang für Barca, auch weil die Gäste mit ihren Möglichkeiten zu verschwenderisch umgingen. Bereits in der siebten Minute tauchte der brasilianische Olympiasieger Neymar frei vor Yann Sommer auf, doch sein Schuss war zu unplatziert. Vier Minuten später war es Luis Suárez, der nach einer verunglückten Kopfball-Vorlage von Gladbachs Nico Elvedi den Ball neben das Tor setzte. Kurz darauf zeigte sich Suárez zu uneigennützig, als er frei vor Sommer den Ball noch einmal quer auf Paco Alcazar legte (21.).

In dieser Phase zeigte die Borussia zuviel Respekt vor dem Champions-League-Sieger von 2015. Mit zunehmender Spieldauer wurde die Elf von Schubert, dessen Vertrag vor dem Spiel bis 2019 verlängert worden war, aber immer mutiger. Dabei zeigte sich wieder einmal, dass die Hintermannschaft der Spanier alles andere als sicher ist. In der 34. Minute war es dann auch passiert: Nach einem feinen Konter über Raffael und Mahmoud Dahoud bugsierte Hazard den Ball über die Linie. Für den Belgier war es einschließlich der Playoff-Spiele bereits das vierte Tor im laufenden Wettbewerb. Barca-Keeper ter Stegen, der mit großem Applaus und einigen Sprechchören empfangen worden war, hatte keine Chance. 18 Jahre hatte der Torhüter von klein auf für Gladbach gespielt, nun kehrte er erstmals zurück.

Angriffe wurden seltener

„Das ist ein Spiel zum Genießen. Wir müssen einen optimalen Tag haben, in der ersten Halbzeit lief es schon einmal gut“, lobte Gladbachs Vizepräsident Rainer Bonhof in der Halbzeit beim TV-Sender Sky und sprach von einer „verdienten Führung“. Vor allem die Rückkehr des Brasilianers Raffael nach auskurierter Oberschenkelzerrung hatte dem Spiel der Borussia gut getan. Kurz nach der Pause musste der feine Techniker allerdings wieder vom Platz, die Verletzung war offenbar wieder ausgebrochen.

Ohne Raffael und unter dem stärker werdenden Druck zogen sich die Gladbacher nun weit in die eigene Hälfte zurück. Entlastungsangriffe wurden immer seltener. In der 65. Minute war dann auch der Gladbacher Abwehrverbund geknackt. Nach einem Pass von Neymar traf Turan aus halbrechter Position. Und es kam noch schlimmer: Einen Schuss von Sanchez konnte Sommer nur nach vorne abprallen lassen, Pique stocherte den Ball ins Tor.